Panorama

265 Meter den Berg hinauf Wie funktioniert Lissabons Standseilbahn "Elevador da Glória"?

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Eine Bahn fährt den Berg hinauf, die andere hinunter.

Eine Bahn fährt den Berg hinauf, die andere hinunter.

(Foto: picture alliance / Zoonar)

Seit mehr als 100 Jahren ist die Standseilbahn "Elevador da Glória" in Lissabon im Einsatz. Entwickelt für die spezielle Geografie der portugiesischen Hauptstadt, lieben sie Einheimische wie Touristen. An ihrer Sicherheit gab es keinen Zweifel, bis es zur Katastrophe kam.

Die historische Standseilbahn "Elevador da Glória" gehört für viele Lissabon-Touristinnen und -Touristen zum Pflichtprogramm. Die gelb-weißen Waggons sind seit dem 19. Jahrhundert in Portugals Hauptstadt im Einsatz.

1875 vergab die Stadt die Konzession für den Bau einer Straßenbahn auf der Calçada da Glória. Sieben Jahre später begann der Bau. Die kurze, aber steile Strecke war technisch herausfordernd. Die Bahn überwindet auf 265 Metern eine Steigung von 18 Prozent, knapp 50 Höhenmeter. Pferdebahnen konnten das nicht bewältigen.

Ingenieur Raoul Mesnier du Ponsard entwarf deshalb ein Zahnradsystem mit Wassergegengewicht. 1885 wurde die Bahn eröffnet, aber schon ein Jahr später auf einen dampfbetriebenen Mechanismus umgestellt. Es war schon die zweite Standseilbahn der Stadt. Später kam noch eine dritte hinzu.

Verkehrsmittel und Touristenattraktion

Die Wagen, die bis zu 40 Passagiere befördern können, fahren auf Schienen und sind an einem Zugseil befestigt, das über eine Umlenkrolle am höchsten Punkt des Berges läuft. 1914 wurde die Strecke elektrifiziert. Das Standseilbahnprinzip funktioniert so, dass einer der Wagen den Berg hinaufgezogen wird, während der andere hinunterfährt. Jeder Wagen fungiert als Gegengewicht für den anderen. Den Antrieb erzeugen Elektromotoren an den beiden Wagen. Die Wagen sind so konstruiert, dass die Menschen in der Bahn aufrecht sitzen können.

Seit 1926 ist die Bahn Teil der Companhia Carris de Ferro de Lisboa und damit des öffentlichen Nahverkehrs der Stadt. Die Bahn, die seit 2002 unter Denkmalschutz steht, verkehrt von der Avenida da Liberdade bis zur Rua de São Pedro de Alcântara. Die nur wenige Minuten dauernde Fahrt führt quer durch ein Viertel mit Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, darunter der Palácio Foz de Misericórdia.

Die Holzbänke und die engen Straßen vermitteln das Gefühl, durch die Zeit zu reisen. Oben locken der Aussichtspunkt São Pedro de Alcântara und ein Viertel voller Bars, Restaurants und weiterer Aussichtspunkte. Eine Fahrt dauert etwa drei Minuten, die Bahn verkehrt im 12-Minuten-Takt, eine Hin- und Rückfahrt kosten 3,80 Euro. Jährlich befördert die Bahn etwa drei Millionen Passagiere, die Linie wird auch täglich von den Anwohnern genutzt, oft bilden sich lange Schlangen.

Bremsversagen oder Seil gerissen?

Nach mehr als einem Jahrhundert ohne Unfall kam es nun zur Katastrophe. Augenzeugen berichten, dass die Bahn entgleiste und die steile Straße hinunterrutschte, bevor sie mit voller Wucht gegen ein Gebäude krachte. Mindestens 16 Menschen verloren ihr Leben. 21 weitere wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Die Untersuchungen laufen, ob technische Mängel, menschliches Versagen oder eine Verkettung unglücklicher Umstände den Unfall ausgelöst haben. Als die wahrscheinlichsten Auslöser gelten ein Reißen des Zugseils oder ein Versagen der Bremsen.

Der Fernsehsender SIC berichtete unter Berufung auf eine Augenzeugin, die Standseilbahn sei "mit voller Geschwindigkeit" die steile Straße hinabgerast und habe dabei ein Gebäude gerammt. "Sie prallte mit brutaler Wucht gegen ein Gebäude und fiel zusammen wie ein Pappkarton; sie hatte keine Bremsen", sagte die Frau.

Das Betreiberunternehmen Carris betonte in einer Erklärung, dass "alle Wartungsprotokolle" eingehalten worden seien - insbesondere die alle vier Jahre vorgenommene Generalwartung. Sie wurde zuletzt 2022 vorgenommen, die alle zwei Jahre vorgeschriebene Zwischenwartung habe im vergangenen Jahr stattgefunden. Dennoch sperrte die Stadt vorsorglich auch die Bahnen Bica und Lavra, um sie einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen.

Quelle: ntv.de, sba

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