Panorama

Amoktat in Heidelberg Womöglich tötete der 18-Jährige gezielt

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Ein 18-Jähriger erschießt in einem Hörsaal der Uni Heidelberg eine 23-jährige Kommilitonin und verletzt drei weitere Menschen. Hat er die Studentin gezielt getötet? Und wie konnte er im Ausland Waffen kaufen? Die Polizei steht mit ihren Ermittlungen noch am Anfang.

Nach dem Amoklauf in einem Hörsaal der Universität Heidelberg ist das Motiv des Schützen weiter unklar. Der 18 Jahre alte Amokläufer hat in der baden-württembergischen Stadt am Montag an der Universität während einer Vorlesung eine 23 Jahre alte Studentin mit einer Schrotflinte erschossen und eine 19-Jährige und eine 20-Jährige sowie einen 20-Jährigen leicht verletzt. Anschließend beging der Kommilitone der attackierten Studenten im Außenbereich der Hochschule Suizid. Studierende, Verantwortliche der Universität, Politiker und Kirchenvertreter zeigten sich entsetzt, von Universitäten weltweit gingen Solidaritätsbekundungen an dem renommierten Wissenschaftsstandort ein.

Nach der Schilderung des zuständigen Mannheimer Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar gingen Montag um 12.24 Uhr binnen 43 Sekunden sieben Notrufe bei der Polizei an. Sechs Minuten später seien die ersten Streifenwagen an der Universität gewesen, um 12.43 Uhr hätten sich die Polizisten in Amokschutzkleidung bis zum betroffenen Hörsaal 360 vorgearbeitet. Die Studenten dort hätten "Todesangst" gehabt, es habe Chaos geherrscht.

Der mutmaßliche Amokläufer hatte zu dieser Zeit den Tatort aber bereits verlassen und war in den Außenbereich der Universität gegangen. Gegen 12.51 Uhr entdeckten Polizisten dort die Leiche des jungen Manns, der sich selbst getötet hatte. Kollmar zufolge hätte der Amokläufer noch ein weit größeres Blutbad anrichten können. Der mit einer Doppelflinte und einer Repetierwaffe bewaffnete Student habe in einem Rucksack noch über hundert Schuss Munition bei sich gehabt.

"Er hätte auf alle Fälle Möglichkeiten gehabt, nachzuladen", sagte Kollmar. "Der Hörsaal war in Todesangst", niemand hätte den Angreifer auf die Schnelle überwältigen können. Warum der 18-Jährige die Tat nach drei Schüssen unterbrach, ist ebenso noch unklar wie das genaue Motiv. Die Polizei prüft nun, ob es sich womöglich sogar um eine gezielte Attacke handelte. Der allein in Mannheim lebende Amokläufer sei als Student der organischen Biologie ein Kommilitone der Studierenden dort gewesen. "Der Hörsaal, da hätte er eigentlich als Student drin sitzen müssen", sagte Kollmar. Unmittelbar vor der Tat habe der Angreifer eine Whatsapp-Nachricht abgesetzt, dass nun "Leute bestraft werden müssen". Außerdem habe er erklärt, eine Seebestattung zu wünschen.

Durch Vernehmungen von Verwandten, Freunden und Bekannten solle nun geklärt werden, ob eine mögliche Verbindung zu den Opfern bestand. Neben der 23 Jahre alten Frau, die am Kopf getroffen wurde und wenige Stunden nach den Schüssen im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen erlag, erlitten zwei weitere Studentinnen und ein Student leichte Verletzungen an Bein, Kopf und Rücken.

Täter wurde vorher nie auffällig

Der Tatverdächtige ist der Polizei zufolge Deutscher und fiel zuvor nicht polizeilich auf. Kollmar sagte, es sei "sehr außergewöhnlich, dass man von dem Täter im Vorfeld so wenig hat". Bekannt sei nur, dass "lange zurückliegend" eine psychische Erkrankung vorgelegen habe. Die Waffen habe sich der 18-Jährige, der weder einen Waffenschein noch eine Waffenbesitzkarte hatte, erst vor wenigen Tagen persönlich im Ausland beschafft. Es liege ein Kaufbeleg vor. Nähere Einzelheiten wollten die Ermittler aus ermittlungstakischen Gründen nicht nennen, gegen den Verkäufer der Waffen laufen aber nun Ermittlungen.

Die Staatsanwaltschaft ordnete an, die Leichen der getöteten Frau und des Amokläufers zu obduzieren. Der Tatort befindet sich im Gebiet Neuenheimer Feld. Auf dem Campus am nördlichen Neckarufer befinden sich vor allem naturwissenschaftliche Fakultäten der Universität, Teile des Universitätsklinikums und der Botanische Garten. Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg, kündigte eine öffentliche Trauerfeier in den kommenden Tagen an. Von Universitäten aus vielen Ländern seien Solidaritätserklärungen eingegangen, sagte er in Mannheim.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in Berlin: "Es zerreißt mir das Herz, solch eine Nachricht zu erfahren." Bundesjustizminister Marco Buschmann teilte mit, seine Gedanken seien bei den Opfern und Menschen vor Ort. "Danke an die Einsatzkräfte für ihren Dienst", erklärte er. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich "zutiefst betroffen". "Meine Gedanken sind bei den Familien und Angehörigen", erklärte er in Stuttgart.

Landesinnenminister Thomas Strobl sagte in Mannheim: "Die Wissenschaft weltweit schaut in diesen Minuten und Stunden erschreckt und interessiert nach Heidelberg und fühlt mit." "Wir alle sind schockiert und entsetzt über den Amoklauf", erklärte der Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner. "Wir waren nicht nur fassungslos, wir können es eigentlich gar nicht glauben, dass so etwas bei uns in Heidelberg passiert."

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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