Letzter Flug in wenigen Stunden Abzug aus Kabul: Warum geht es nun so schnell?
26.08.2021, 11:19 Uhr
Die Evakuierungsflüge der Bundeswehr scheinen bald zu enden.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Das Ende der deutschen Luftbrücke aus Kabul steht bevor, dabei hatte es doch geheißen, es sei noch bis zum 31. August, also kommenden Dienstag Zeit. Hauptgründe sind die Angst vor Terroranschlägen und die Abhängigkeit von den Amerikanern.
Die größte Luftbrücken-Operation der Bundeswehr-Geschichte dürfte in den kommenden Stunden zu Ende gehen. Die letzte Maschine der Bundeswehr mit Evakuierten aus Afghanistan wird nach Informationen von ntv schon heute oder spätestens am morgigen Freitag Kabul verlassen. Da stellt sich die Frage, warum es nun doch so schnell geht. Sollte nicht bis zum kommenden Dienstag Zeit für Flüge sein? Der Bedarf dürfte weiter bestehen: Zuletzt war von mehreren Zehntausend Menschen die Rede, die auf die eine oder andere Weise mit deutschen Truppen oder Organisationen zusammengearbeitet haben und nun um ihr Leben fürchten.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich am Mittwochabend im ZDF dazu: "Das Zeitfenster für Evakuierungsmaßnahmen schließt sich, es wird kleiner." Die Bedrohungslage sei "sehr konkret mit Blick auf terroristische Anschläge" größer geworden. Sowohl die Menschen, die ausgeflogen werden wollen, als auch die deutschen Soldaten könnten ein Ziel sein, so die Ministerin. Sie wolle nicht darüber spekulieren, wie groß das Zeitfenster nun noch sei. Eine offizielle Bestätigung über ein unmittelbar bevorstehendes Ende der Luftbrücke gab sie also nicht.
In den vergangenen Tagen waren Befürchtungen laut geworden, dass Terroristen nach Kabul "einsickerten" und Anschläge auf den Flughafen verüben könnten. Es könnte sich dabei um Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) handeln, die seit mehreren Jahren in Afghanistan operiert. Ein Anschlag auf den Flughafen könnte verheerend sein- zum einen drängen sich dort besonders viele Menschen, zum anderen würden die Bilder um die Welt gehen und die NATO-Alliierten so noch einmal demütigen. Angesichts der unübersichtlichen, angespannten Lage lässt sich der Flughafen gegen solche Angriffe wohl auch nicht vollständig sichern. "Die Soldatinnen und Soldaten vor Ort haben es mit einer sehr schweren Situation zu tun", sagte Kramp-Karrenbauer.
Alles hängt an den Amerikanern
Neben der Angst vor Terror und toten Soldaten kurz vor dem Ende des Einsatzes liegt das frühe Aus der deutschen Evakuierungsflüge aber vor allem an den Amerikanern. Die Bundeswehr hat bislang mit mehr als 30 Flügen rund 5200 Menschen aus Kabul ausgeflogen, darunter mehr als 3600 Afghanen. Doch dabei war und ist die Bundeswehr wie alle anderen Nationen aber auf das Flughafen-Management der USA angewiesen. Dass die Luftbrücke nun endet, hat also auch logistische Gründe. Denn die USA organisieren die Starts und Landungen und vergeben die Time-Slots für alle Evakuierungs- und Materialflüge, also auch die für die deutschen Maschinen. Ganz am Ende der Operation werden die amerikanischen Soldaten und US-Materialtransporte selbst die afghanische Hauptstadt verlassen. Zuvor müssen noch die deutschen Soldaten und ihr Gerät ausgeflogen werden. So kommt es, dass die Slots für die letzten Evakuierungsflüge der deutschen Bundeswehr schon vor dem Wochenende liegen. Wann dann der letzte deutsche Soldat Kabul verlässt, ist noch unklar.
Warum es ohne die Amerikaner nicht geht, erklärte Kramp-Karrenbauer. Die Bundeswehr und andere europäische Länder seien nicht in der Lage, den Flughafen allein, ohne die Amerikaner zu sichern. "Die Amerikaner haben zurzeit über 6000 Mann am Boden", sagte sie. Sie verfügten über "unglaubliche Ausrüstung in der Luft und am Boden", "Dinge, über die wir in der Masse nicht verfügen". "Deswegen hängt im Moment die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten von der Unterstützung der Amerikaner ab."
Quelle: ntv.de, vpe