Mike Mohring im "ntv Frühstart" "AfD-Hoch ist nicht nur Schuld der Ampel"
27.06.2023, 10:00 Uhr Artikel anhören
Der frühere Chef der Thüringer CDU, Mike Mohring, fordert von der Union, klarer zu kommunizieren. "Warum sagt die Union nicht einfach, sie würde in Regierungsverantwortung das Heizgesetz von Habeck abschaffen?"
Der ehemalige thüringische CDU-Landeschef Mike Mohring sieht nicht nur die Ampelregierung in der Verantwortung für das aktuelle AfD-Hoch und den Wahlsieg bei der Landratswahl in Sonneberg. "Es wäre falsch von der Union zu sagen, dass die AfD nur wegen der Ampelpolitik so stark ist." Es herrsche in der Gesellschaft ein allgemeiner Vertrauensverlust in Politik und Demokratie, und es fehle an politischer Orientierung und Führung. "Das vermissen die Leute derzeit in der Politik, in Erfurt wie auch in Berlin."
Die Leute hätten das Gefühl, von der Politik alleine gelassen zu werden. Daher würden sich viele von den etablierten Parteien abwenden. Auch weil sie das Gefühl hätten, Regeln werden so gemacht, wie sie gerade gebraucht werden. Gerade die Energiepolitik sei für viele Bürger widersprüchlich, so Mohring. "Das lässt die Leute verwirrt zurück. Am Ende gewinnen dann die Populisten mit ihren einfachen und billigen Antworten."
Daher müssten auch CDU/CSU klarer machen, wer sie sind, ohne sich dabei nach links oder rechts zu orientieren, sagte Mohring. Denn es würde nicht ausreichen, sich nur mit der Ampel auseinanderzusetzen, sondern es gehe darum, klar zu kommunizieren, wofür die Union selbst steht und die Leute dabei mitzunehmen. "Warum sagt die Union nicht einfach, sie würde in Regierungsverantwortung das Heizgesetz von Habeck abschaffen?", fragte Mohring.
In Thüringen seien 50 Prozent der Menschen mit der Demokratie unzufrieden, so der CDU-Politiker. Es sei "erschreckend, dass wir 1989/1990 genau diese Demokratie und Freiheit wollten und heute nichts mehr damit anfangen können". Vertrauen zurückzugewinnen, sei nur mit mühsamer und täglicher Arbeit zu machen. "Ohne diesen Zugewinn an Vertrauen in die Demokratie, funktioniert unsere Gesellschaft nicht." Politik und Gesellschaft müssten lernen, zuzuhören und andere Meinungen zu akzeptieren "ohne, wenn sie nicht Berliner Mainstream ist, sie in die rechte Ecke zu stecken". Die Fähigkeit, gemeinsam um das beste Argument zu ringen, müsse aber zuallererst die Politik leisten. Wenn die Politik jedoch in einem solchen Diskurs versagt, "dann gewinnen die, die wir gar nicht in der Verantwortung haben wollen", so der CDU-Politiker weiter.
Mohring betonte, die AfD habe zwar in Sonneberg das erste kommunale Spitzenamt gewonnen, sei aber kein Problem des Ostens. Die bundesweiten Umfragewerte zeigten, dass eine starke AfD ein gesamtdeutsches Problem sei. "Die Strategie, wie man bisher mit der AfD umgegangen ist, ist offenbar gescheitert." Die AfD würde in Umfragen auf Landes- und Bundesebene weiter zulegen. "Das zeigt, dass der bisherige Umgang mit der Partei, offensichtlich keinen Anklang bei den Wählern gefunden hat." Und dass die AfD in Thüringen als rechtsextrem eingestuft wurde, würde Wähler auch nicht davon abhalten, sie zu wählen. "Die AfD wird vom Höcke-Flügel dominiert - nicht nur in Thüringen, sondern in ganz Deutschland." Björn Höcke, Chef der AfD in Thüringen, wird vom dortigen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Quelle: ntv.de, dhe