Brutale Abschiebepraxis Algerien soll Flüchtlinge in Wüste aussetzen
26.06.2018, 19:06 Uhr
Tausende Flüchtlinge kämpfen in der Wüste zwischen Algerien und dem Niger ums Überleben. Es gab auch schon Tote.
(Foto: dpa)
Afrikanische Flüchtlinge, die über Libyen nach Europa wollen, müssen derzeit einen Umweg über Algerien nehmen. Das Land lässt diese Menschen aber nicht durch und setzt sie an der Grenze aus. In einem Wüstengebiet spielen sich dramatische Szenen ab.
In der Wüste zwischen Algerien und dem Niger geraten immer häufiger Migranten in Lebensgefahr. Tausende Menschen sind nach Angaben der Organisation für Migration (IOM) in den vergangenen Monaten über die Grenze in den Niger gelaufen. "Migranten, darunter viele schwangere Frauen, dürfen nicht ohne Essen und Trinken zurückgelassen oder gezwungen werden, in sengenden Temperaturen durch die Wüste zu wandern", sagte IOM-Generaldirektor William Lacy Swing. Nach IOM-Angaben kamen seit Anfang 2018 mehr als 11.000 Menschen alleine in einem grenznahen Ort im Niger an.
"Migranten haben berichtet, sie wurden 15 oder 20 Kilometer von der Grenze entfernt von den Behörden ausgesetzt und ihnen wurde gesagt, sie könnten nicht in Algerien bleiben", sagte zuvor der IOM-Chef im Niger, Giuseppe Loprete. Sie hätten teilweise mehrere Kilometer durch die Wüste laufen müssen, um das grenznahe Dorf Assamaka im Niger zu erreichen. Einige berichteten demnach, dass mehrere Menschen auf dem Weg gestorben seien.
Eine mögliche Erklärung für die Krise an der algerischen Grenze zu Niger sei die Verschiebung der Migrationsrouten, sagte Loprete. In der Vergangenheit gelangten die meisten afrikanischen Migranten von Libyen aus über das Mittelmeer nach Europa. Der Niger ist dabei eines der wichtigsten Transitländer. Doch aus dem Niger nach Libyen zu gelangen, sei nun sehr schwer. Die nigrischen Behörden würden die Grenze verstärkt kontrollieren, sagte Loprete.
Einige waren anerkannte Flüchtlinge
Daher würden immer mehr Migranten die Route durch Algerien wählen. Diese habe "womöglich auch die Aufmerksamkeit der algerischen Behörden geweckt". Einige der in der Wüste gestrandeten Migranten waren Loprete zufolge auf dem Weg vom Niger nach Algerien, als sie von den algerischen Behörden zurückgewiesen wurden. Andere seien aus Libyen über Algerien in den Niger zurückgekehrt. Die Migranten stammten vor allem aus Mali, Guinea, Kamerun und der Elfenbeinküste. Rund 20 Menschen, die im Niger ankamen, seien sogar anerkannte Flüchtlinge in Algerien gewesen und hätten einen Ausweis des UN-Flüchtlingshilfswerks dabei gehabt, sagte Loprete.
Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (OHCHR) kritisiert den Umgang Algeriens mit Migranten. Die Verhaftung und Abschiebung Tausender Flüchtlinge sei "eine Verletzung internationaler Menschenrechte", erklärte das OHCHR bereits im Mai. Migranten seien teilweise am Arbeitsplatz oder auf der Straße festgenommen und in Bussen außer Landes gebracht worden, andere hätten stundenlang durch die Wüste laufen müssen.
Seit 2015 hat Algerien rund 27.000 Menschen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara in ihre Heimatländer zurückgebracht, hatte Innenminister Nouredine Bedoui vor Kurzem gesagt. Das algerische Außenministerium wies Vorwürfe zurück, dass es an Solidarität mit Flüchtlingen aus Subsahara-Afrika mangele. Der Präsident der algerischen Menschenrechtsliga (LADDH), Nou Eddine Benissad, erklärte, die veränderten Migrationsbewegungen stellten die Sicherheitskräfte und Behörden Algeriens vor Herausforderungen. Das Land entwickle sich von einem Durchgangsland immer mehr zu einem Ort, an dem viele Migranten bleiben würden.
Quelle: ntv.de, cam/dpa