Keine Einigung im Kanzleramt Ampel vertagt den AKW-Streit ein weiteres Mal
16.10.2022, 16:58 Uhr
Die Grünen wollen das AKW Emsland zum Jahreswechsel abschalten, die FDP ist dagegen.
(Foto: imago images/Rupert Oberhäuser)
Auch ein Mini-Gipfel bringt keine Lösung im Streit um die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Deutschland. Kanzler Scholz und die Minister Habeck und Lindner vertagen damit den Konflikt. Die FDP betont jedoch, dass es nicht um die Renaissance der Kernenergie gehe.
Im Streit der Ampelkoalition über einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland ist vorerst keine Lösung in Sicht. Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD, Finanzminister Christian Lindner von der FDP und Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen verließen nach einem Treffen das Kanzleramt in Berlin, ohne sich zu äußern. Ein Regierungssprecher bestätigte lediglich, dass die drei Politiker miteinander gesprochen hätten, und äußerte sich nicht zum Gesprächsinhalt.
In der Koalition hatte es zuvor geheißen, Scholz, Lindner und Habeck wollten noch am Sonntag einen weiteren Lösungsversuch unternehmen. Aus Koalitions-Kreisen erfuhr ntv jedoch, dass heute nicht mehr mit einer Einigung gerechnet wird.
Die Grünen wollen die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in Reserve halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung nutzen. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen soll wie geplant zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden.
Nachdem ein Grünen-Bundesparteitag am Wochenende zudem neue AKW-Brennelemente ausgeschlossen hatte, bekräftigte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Haltung seiner Partei. "Unsere Position lautet, alle drei am Netz verfügbaren Kernkraftwerke bis mindestens 2024 laufen zu lassen", sagte Djir-Sarai der ARD.
Die FDP verlangt zudem gegebenenfalls die Reaktivierung bereits stillgelegter AKW. Die SPD positioniert sich in dem Streit nicht eindeutig, ist aber eher auf der Seite der Grünen zu verorten. Sie dringt vor allem darauf, eine schnelle, pragmatische Lösung zu finden.
Einigung schon Montag?
Politiker von Grünen und FDP zeigten sich optimistisch hinsichtlich einer raschen Einigung. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte im ARD-"Bericht aus Berlin", die Koalition habe oft wieder miteinander gerungen, auch öffentlich, sei aber immer in der Lage gewesen, eine Einigung zu finden. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass das auch wieder gelingt." Auf die Frage, ob das am Montag der Fall sei, antwortete sie: "Hoffentlich". FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Spiegel", er sei zuversichtlich, dass die Ampel-Koalition "Anfang der Woche" eine gute Lösung erzielen werde.
Dröge sagte, Habeck habe seinen Vorschlag auf Grundlage von Fakten gemacht. In der Sache sei er auch gar nicht strittig. In Richtung FDP fragte sie: "Wie vernünftig ist das, etwas, was man will, zu blockieren, um noch etwas anderes zu bekommen und dann am Ende vielleicht zu erreichen, dass gar nichts passiert?" Dröge fügte hinzu: "Das ist doch keine verantwortungsvolle Politik".
"Hier geht es um eine temporäre Laufzeitverlängerung. Wir wollen nicht eine Renaissance der Kernenergie. Für uns ist es wichtig, dass die erneuerbaren Energien im Mittelpunkt stehen", sagte Djir-Sarai der ARD. "Aber bis es so weit ist, ist für uns die Kerntechnologie in dieser schwierigen Situation für das Land eine Brücke, eine Brückentechnologie."
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa