Politik

Weltpresse würdigt Verdienste "Auch Kohl war ein Eiserner Kanzler"

Helmut Kohl gilt auch im Ausland als Einheitskanzler.

Helmut Kohl gilt auch im Ausland als Einheitskanzler.

(Foto: AP)

Nach dem Tod von Helmut Kohl erinnert die internationale Presse geschlossen an die großen Verdienste des Einheitskanzlers für die Stabilität in Europa. Dabei zieht sie sogar einen Vergleich mit einem anderen deutschen Staatsmann: Otto von Bismarck.

Die Nachricht vom Tod des Altkanzlers Helmut Kohl geht durch die Weltpresse. Zahlreiche Kommentatoren würdigen den CDU-Politiker als Staatsmann und als Wegbereiter für die Deutsche Einheit. In der niederländischen Zeitung "de Volkskrant" heißt es etwa: "Wie jeder andere war auch Helmut Kohl überrascht von den schnellen Entwicklungen im November 1989. Aber er reagierte darauf auch blitzschnell. Ungeachtet des Widerstands der britischen Premierministerin Margaret Thatcher (mit ihren berühmt gewordenen Sprüchen: "Mir sind zwei Deutschland lieber als eins." und "Zweimal haben wir die Deutschen geschlagen. Jetzt sind sie wieder da.") und des Zögerns des französischen Präsidenten François Mitterrand (wird Europa nun ein "deutsches Europa"?) ergriff Kohl die Chance."

Als "politisches Genie" bezeichnet die italienische Tageszeitung "La Repubblica" den langjährigen deutschen Kanzler. "Vielleicht war (Helmut Kohl) der glücklichste Kanzler Deutschlands. Der, der die schmerzhafteste Wunde geschlossen hat, die, die nach dem Krieg Millionen von Familien in zwei geteilt und zerstört hat und halb Berlin in eine Gefangenen-Enklave in Ostdeutschland verwandelt hatte. (…) Sollte Merkel am Ende ihres Mandats wieder die Wahlen gewinnen, macht sie den Rekord der längsten Kanzlerschaft zunichte. Aber es wird schwierig sein, dass sie es schafft, Deutschland einen weiteren Moment purer Euphorie und glücklicher Unbeschwertheit zu schenken, wie ihn das Land in der Einheit gefunden hat (...)."

Auch die Kommentatoren der "Neuen Zürcher Zeitung" sehen das Vermächtnis Kohls vor allem in der Deutschen Einheit. "Natürlich lässt sich an einzelnen Entscheidungen von Spitzenpolitikern immer herummäkeln", heißt es in dem Schweizer Blatt. "Kohl machte dabei keine Ausnahme. Die wahre Größe von Staatsmännern zeigt sich, wenn sie im richtigen Augenblick das Richtige tun. Als am 9. November 1989 in Berlin die Mauer fiel, wusste Kohl intuitiv, was die Stunde geschlagen hatte. Er sah die Chance und ergriff sie. Er, dem immer nachgesagt worden war, Probleme auszusitzen, ging hohe Risiken ein."

Der Zürcher "Tages-Anzeiger" würdigt den Altkanzler in seinem Kommentar als begeisterten Europäer - erwähnt aber auch die Kritik, der sich Kohl gerade in der Heimat stellen musste. "Ohne Kohls Europa-Begeisterung hätte es wohl auch keine deutsche Einheit gegeben. Denn die Wiedervereinigung Deutschlands und das Zusammenrücken Europas waren für ihn stets "zwei Seiten einer Medaille". Das verhinderte nicht, dass Kohl im Ausland meist mehr geschätzt wurde als daheim. Warum? Wohl deshalb, weil der nette Strickjackenträger aus Germany bei sich zu Hause ein System eingerichtet hatte, das viele als muffig empfanden, als patriarchalisch. Das System Kohl eben."

Für die französische Regionalzeitung "L'Alsace" hat sich Kohl vor allem um die deutsch-französische Freundschaft verdient gemacht. "Das Bild mit (dem damaligen Präsidenten François) Mitterrand und Kohl, Hand in Hand vor dem Beinhaus in Donaumont 1984, ging in die Geschichtsbücher ein. Wer zehn Jahre später an dem deutsch-französischen Gipfel in Mülhausen teilgenommen hat, erinnert sich an die herzlichen Beziehungen zwischen beiden Staatsmännern. Helmut Kohl hat - geschwächt durch die Affäre der schwarzen Kassen - sicherlich seinen Abschied verpatzt. Es war Angela Merkel, die ihren Mentor von der politischen Bühne gedrängt hat. Aber indem sie gestern Abend ihre Anerkennung für sein Handeln aussprach, gibt Merkel, die unter der kommunistischen Diktatur aufwuchs und studierte, ihm seinen Platz im Pantheon der großen Männer wieder."

Einen recht gewagten Vergleich stellt der Londoner "Guardian" in seinem Nachruf zwischen Kohl und Otto von Bismarck an. "Oberflächlich betrachtet und abgesehen vom Körperumfang hält Kohl Vergleichen mit Otto von Bismarck stand. Der Aristokrat, der 1871 eine ausufernde Zahl von Kleinstaaten vereinigte und Deutschland zur wichtigsten Macht in Kontinentaleuropa formte, war ein preußischer Protestant mit überragendem Intellekt und großen Fähigkeiten, der Europa wie seinen persönlichen Baukasten behandelte. Kohl war ein katholischer Rheinländer, dem die Einigung Europas ebenso am Herzen lag wie die Wiedervereinigung Deutschlands. (...) Kohl mag sich von Bismarck so sehr unterschieden haben wie Bonn von Berlin. Aber er war ebenso sehr ein Eiserner Kanzler, eisern hinsichtlich seiner Ausdauer, unerschütterlich in seinem Selbstvertrauen."

Quelle: ntv.de, jug/dpa

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