Nachrüstungen im Bundesrat "Autoländer" blockieren Diesel-Vorstoß
19.10.2018, 07:16 Uhr
In drei deutschen Städten kommen 2019 Fahrverbote.
(Foto: imago/Arnulf Hettrich)
Mehrere deutsche Städte könnten ab dem kommenden Jahr Fahrverbote für Diesel-Pkw verhängen. Die Bundesregierung ringt weiter um einen Plan. Ein Vorstoß im Bundesrat scheitert am Widerstand der "Autoländer".
Aus drei deutschen Städten werden Diesel-Fahrer im kommenden Jahr voraussichtlich teilweise ausgesperrt. In Stuttgart, Frankfurt und Berlin kommen Fahrverbote. In Hamburg wurden rund 2,2 Kilometer Straße bereits für Fahrzeuge gesperrt, die unter der Euro-5-Norm liegen. Eine Lösung für das Problem lässt dennoch auf sich warten. Das Diesel-Paket der Großen Koalition, das Anfang Oktober an den Start gegangen ist, lehnen die Hersteller ab. Neuen Schwung in die Debatte versuchen die Bundesländer Hessen, Berlin und Brandenburg zu bringen, indem sie im Bundesrat mit einer Entschließung die Initiative ergreifen. Ein Vorhaben, das nach Informationen von n-tv.de aus CDU- und Bundesratskreisen offenbar von den "Autoländern" Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern bei der heutigen Sitzung der zweiten Kammer verhindert werden soll.
Die Landesregierungen von Hessen, Berlin und Brandenburg drängen darauf, dass die Bundesregierung die Voraussetzungen dafür schaffen soll, dass Besitzer von Diesel-Pkw, die den Normen nicht entsprechen, ihre Fahrzeuge nachrüsten können. Zudem sollen Schwierigkeiten beseitigt werden, die nachgerüsteten Fahrzeuge anzumelden. Die dritte Forderung, und das dürfte bei den Parlamentariern aus Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen auf Widerstand gestoßen sein: Die Hersteller sollen für all das die Kosten tragen. Aus Unionskreisen hieß es, es sei kaum noch vermittelbar, dass jemand anderes als die Hersteller selbst für die Folgen der Diesel-Krise verantwortlich gemacht werden.
"Verbraucher dürfen nicht auf Kosten sitzen bleiben"
Verkehrsminister Andreas Scheuer hatte zuletzt eine andere Lösung favorisiert. "Meine Priorität 1 bleibt, dass die Diesel-Besitzer ihr altes Auto in ein saubereres Fahrzeug tauschen können", sagte er Ende September. Laut "Handelsblatt" stimmte er aber Nachrüstungen zu, was er zuvor strikt abgelehnt hatte. Allerdings nur für einzelne neuere Modelle. Besonders aus einem Grund stößt Scheuers Vorschlag auf Widerstand: Die Besitzer sollen 20 Prozent der Kosten für die Nachrüstung selbst zahlen - im Schnitt könnten das 600 Euro sein. Zudem ist unklar, ob das, was Scheuer als "Tausch" bezeichnet, tatsächlich ohne Kosten für die Fahrzeugbesitzer bleibt.
In der Entschließung des Bundesrates, die am 21. September eingebracht und seither in den Fachausschüssen diskutiert wurde, heißt es, Verbraucher, "die ein vermeintlich emissionsarmes Diesel-Fahrzeug gekauft haben, dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben". Eine Entschließung ist eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, die - sofern sie angenommen wird - zunächst keine rechtliche Bindung hat. Ein entsprechendes Signal aus der Zweiten Kammer könnte jedoch die Bundesregierung unter Druck setzen, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren anzustoßen.
Im Vorfeld der Bundesratssitzungen werden Anträge und die Positionen der Länder dazu im vertraulichen Kreis besprochen. Zeichnet sich bei dieser Unterredung ab, dass ein Antrag keine Aussicht auf Erfolg hat, wird er von der Tagesordnung genommen. Daher ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich der Bundesrat bei seiner Sitzung gar nicht erst mit dem Thema befassen wird. Den CDU-Kreisen zufolge werden Baden-Württemberg und Bayern ihren Widerstand geltend machen. Die niedersächsische Landesregierung bestätigte n-tv.de, dass sie sich enthalten werde. "Angesichts der diesbezüglichen Aktivitäten der Bundesregierung" werde "kein Bedarf für eine parallele Bundesratsentschließung gesehen", erklärte eine Sprecherin. "Der Antrag ist unserer Einschätzung nach durch den jüngsten Dieselgipfel überholt."
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hatte zuletzt öffentliche Fördertöpfe für Dieselfahrer ins Gespräch gebracht. "Wir haben auch die Möglichkeit, mit öffentlichen Mitteln zu helfen", sagte er im Wahlduell und bezog sich auf nicht abgerufene Mittel des Bundes zur Unterstützung der Elektromobilität. "Bevor der Dieselfahrer der Dumme ist, bin ich bereit, auch darüber zu diskutieren."
Quelle: ntv.de, bdk