Scholz warnt vor Israel-Hass Baerbock: Eure Sicherheit ist unsere Staatsräson
06.10.2024, 08:48 Uhr Artikel anhören
Baerbock bekräftigt zudem das Recht Israels auf Selbstverteidigung.
(Foto: picture alliance/dpa)
Außenministerin Baerbock bezeichnet das Hamas-Massaker vom 7. Oktober als einen Einschnitt in der jüdischen und deutschen Geschichte. Zum traurigen Jahrestag bekräftigt sie Deutschlands Solidarität mit Israel. Allerdings sei die Sicherheitslage für Jüdinnen und Juden in Deutschland beschämend.
Ein Jahr nach dem Angriff der Hamas auf Israel hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock dem Staat Israel und seinen Bürgern weiterhin die volle Unterstützung Deutschlands zugesagt. In einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag" wandte Baerbock sich "mit der klaren Botschaft an unsere israelischen Freundinnen und Freunde: Wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson."
Zugleich bekräftigte die Außenministerin Israels Recht auf Selbstverteidigung: "Gegen die Gewalt der Hamas genauso wie gegen den Raketen-Terror des Iran und der Hisbollah", sagte Baerbock mit Blick auf Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen und im Libanon.
Der 7. Oktober 2023 sei für Jüdinnen und Juden eine Zäsur, nachdem es nur ein "davor" und "danach" gäbe. Die Hamas habe mit ihrem brutalen Angriff eine ganze Region an den Abgrund gebracht. "Auch für uns in Deutschland ist der 7. Oktober eine Zäsur", fügte Baerbock hinzu. "Es beschämt mich, dass seitdem Jüdinnen und Juden sich auch bei uns unsicherer fühlen, antisemitische Angriffe in unserem Land zugenommen haben, dass Männer Angst haben, mit Kippa über die Straße zu gehen und Kinder in der U-Bahn Hebräisch zu sprechen. Dass iranische Raketen gegen den Staat Israel auf deutschen Straßen gefeiert werden", sagte die Ministerin und versicherte: "Wir stellen uns dem entgegen. Mit der ganzen Härte des Gesetzes."
Scholz: "Ich sage klar, was niemals sein darf"
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wandte sich in seinem Video-Podcast "Kanzler kompakt" anlässlich des Jahrestages des Hamas-Angriffs gegen "Antisemitismus und blinden Israel-Hass". Auch in Deutschland bereite vielen der durch den Hamas-Angriff ausgelöste Gaza-Krieg große Sorgen, sagte Scholz mit Blick auf Diskussionen und Demonstrationen.
"In unserer freien Gesellschaft darf man immer um den besten Weg ringen und als Demokraten auch streiten", sagte Scholz. "Ich sage aber klar, was niemals sein darf: Es darf niemals sein, dass Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens hier in Deutschland in Angst und Schrecken leben müssen." Es dürfe nicht sein, dass Juden sich nicht mehr mit einer Kippa aus dem Haus trauten oder jüdische Studierende sich an der Hochschule nicht mehr trauten zu sagen, dass sie jüdisch sind.
"Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals hinnehmen", betonte der Kanzler. "Den Jüdinnen und Juden hier in Deutschland gilt die volle Solidarität unseres Staates - und die Solidarität aller Anständigen in diesem Land!" Scholz hob in seinem Podcast hervor, dass dem bis heute andauernden Gaza-Krieg am 7. Oktober 2023 der brutale Angriff der Hamas auf Israel vorangegangen war. "Vor einem Jahr haben Terroristen der Hamas weit über 1000 Israelis bestialisch ermordet. Frauen, Männer, Kinder, Babys", sagte der Kanzler. Zudem seien Hunderte Menschen von den Angreifern in den Gazastreifen verschleppt worden.
"Zugleich Katastrophe für das palästinensische Volk"
Scholz wies darauf hin, dass er kurz nach dem Angriff Israel besuchte und dass er Angehörige der Geiseln traf. "In die Gesichter von Menschen zu blicken, die nicht wissen, ob sie ihre Töchter je wiedersehen, ihre Mütter, Schwestern, Väter, Söhne oder Brüder - dieser Eindruck wird mich nie loslassen", sagte er.
"Mit ihrem abscheulichen Angriff auf Israel hat die Hamas zugleich eine Katastrophe für das palästinensische Volk ausgelöst", fügte Scholz hinzu. Angesichts des Ausmaßes an Leid und Zerstörung setze sich die Bundesregierung "weiterhin beharrlich für einen Waffenstillstand ein". Der Kanzler mahnte, dass die Waffenruhe "jetzt endlich zustande kommen muss - damit die Zivilbevölkerung im Gazastreifen besser geschützt wird und natürlich auch besser versorgt werden kann. Und damit endlich die israelischen Geiseln freikommen!"
Die Bundesregierung steht laut Scholz mit ihren internationalen Partnern "im engen Kontakt, um die weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern". Dies sei in den vergangenen "Tagen nicht einfacher geworden". "Wir alle wissen, die Gefahr eines Großkonflikts in der ganzen Region bleibt unverändert da", sagte Scholz. "Deshalb bemühen wir uns gemeinsam darum, dass im Nahen Osten ein solcher Flächenbrand nicht ausbricht."
Polizei erwartet große Demos am Sonntag
Der Jahrestag des Hamas-Angriffs ist auch in Deutschland Anlass für Demonstrationen. Bei einer Versammlung am Berliner Alexanderplatz unter dem Motto "Stoppt den Krieg" versammelten sich am Samstag nach Angaben der Berliner Polizei etwa 1000 Menschen. Bei dieser Kundgebung habe es wiederholt israelfeindliche und Israel diffamierende Ausrufe gegeben.
Weiter teilte die Berliner Polizei mit, dass bei einer Versammlung in der Nähe mit dem Motto "Mahnwache für Gaza" mit maximal 60 Teilnehmern ein Mann kurzzeitig in Gewahrsam genommen worden sei, der vorher öffentlich Papierflaggen des Staates Israel zerrissen habe. Eine Solidaritätskundgebung für Israel verlief laut Berliner Polizei friedlich und störungsfrei.
Die Berliner Polizei erklärte, bei den Kundgebungen hätten die Einsatzkräfte insgesamt "zehn freiheitsbeschränkende Maßnahmen" ergriffen und Strafermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts der Beleidigung sowie des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen eingeleitet. Für Sonntag werde mit größeren Demonstrationen anlässlich des Jahrestags des Hamas-Angriffs gerechnet.
Quelle: ntv.de, spl/AFP