Außenministerin trifft Netanjahu Baerbock: Offensive in Rafah wäre "Katastrophe mit Ansage"
14.02.2024, 22:34 Uhr Artikel anhören
"Auch über Gaza hat der Terror der Hamas nichts als Tod und Leid gebracht", sagt Baerbock in Jerusalem.
(Foto: picture alliance/dpa)
Israels Armee trifft Vorkehrungen für eine Offensive in Rafah. Die Ankündigung sorgt international für Kritik. Auch Außenministerin Baerbock spricht sich bei ihrem Besuch in Jerusalem für eine Feuerpause aus. Für die Zeit nach dem Krieg schwebt ihr ein Wiederaufbau-Programm für den Gazastreifen vor.
Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Israel-Besuch zu einer neuen Feuerpause im Gaza-Krieg aufgerufen. Diese würde ein Zeitfenster eröffnen, "um die Geiseln freizubekommen und um mehr humanitäre Hilfe hineinzubekommen", sagte Baerbock bei ihrem fünften Besuch in Israel seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober. Sie rief nach Gesprächen in Jerusalem die Kriegsparteien dazu auf, einen Vorschlag Katars und Ägyptens für eine Feuerpause und Freilassung weiterer Geiseln anzunehmen. Bei neuen Gesprächen in Kairo hatte es allerdings bisher keinen Durchbruch gegeben.
Baerbock bekräftigte, eine israelische Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens wäre "eine humanitäre Katastrophe mit Ansage". Die Menschen benötigten "sichere Orte und sichere Korridore, um nicht noch weiter ins Kreuzfeuer zu geraten". Die Menschen in Rafah könnten sich "nicht einfach in Luft auflösen". Es müssten mehr Grenzübergänge geöffnet werden, damit mehr Hilfsgüter und Medikamente eingeführt werden könnten. Die UN-Mitarbeiter müssten sich außerdem auf Sicherheitsgarantien verlassen können, um weiterhin Hilfsgüter verteilen zu können.
Viele der mehr als eine Million Menschen, die sich in Rafah drängen, seien den israelischen Evakuierungsaufforderungen gefolgt und aus den Kampfgebieten in Nord-Gaza geflüchtet, "oft mit nichts mehr als ihren Kindern auf den Armen und ihren Kleidern am Leib". Israel vermutet im Tunnelnetzwerk im Süden des Gazastreifens die Hamas-Führung sowie israelische Geiseln.
"Eine Art Marshallplan"
Die Sicherheit der Menschen in Israel vor dem Terror der Hamas sei ebenso wichtig wie das Überleben der Menschen in Gaza, sagte die Ministerin. "Auch über Gaza hat der Terror der Hamas nichts als Tod und Leid gebracht." Hätten sie Mitleid mit der eigenen Bevölkerung, würden die Hamas-Kämpfer ihre Waffen unverzüglich niederlegen, sagte sie. Es sei die Verantwortung Deutschlands, für das Selbstverteidigungsrecht Israels im Rahmen des Völkerrechts einzutreten, damit ein Terroranschlag wie am 7. Oktober nie wieder passieren könne, sagte Baerbock.
Ungeachtet der ablehnenden Haltung von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Hamas sprach sich die Bundesaußenministerin erneut für einen politischen Weg hin zu einer Zweistaatenlösung aus. Für die Schaffung eines Palästinenserstaates seien Sicherheitsgarantien, eine funktionierende Verwaltung und der Wiederaufbau Gazas notwendig.
Aus Gaza dürfe nie wieder eine Terrorbedrohung für Israel ausgehen, bekräftigte Baerbock. Die Palästinenser dürften aber auch nicht aus dem Gebiet vertrieben werden. Das Territorium dürfe nicht verkleinert werden, "auch nicht durch Pufferzonen an den Rändern des Gazastreifens". Die palästinensische Autonomiebehörde müsse zwar reformiert werden, sie könne aber das Fundament darstellen.
Es brauche "eine Art Marshallplan" für den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Gazastreifens, forderte die Ministerin. Dies könne nur in einem internationalen Rahmen geschehen. Es gebe ein gemeinsames Interesse Israels und seinen arabischen Nachbarn, "sich nicht von den Terroristen auseinandertreiben zu lassen".
Israels Ministerpräsident Netanjahu hatte dem Militär in der vergangenen Woche den Befehl erteilt, der Regierung Pläne für eine Offensive in Rafah sowie für die Evakuierung der dortigen Bevölkerung vorzulegen. Es gehe darum, dort die letzten Kampfeinheiten der islamistischen Hamas zu zerschlagen, sagte Netanjahu. Die Ankündigung sorgte international für heftige Kritik.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa