"Schlachthaus" in Saidnaja Baerbock besucht syrisches "Höllengefängnis"
03.01.2025, 12:28 Uhr Artikel anhören
Überraschend verbringt Baerbock den heutigen Freitag in Syrien. Sie besichtigt zunächst das Foltergefängnis des Assad-Regimes. Später spricht sie mit den De-facto-Machthabern des Landes.
Außenministerin Annalena Baerbock hat rund vier Wochen nach dem Umsturz in Syrien das berüchtigte Foltergefängnis Saidnaja besichtigt. Gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot ließ sich die Grünen-Politikerin von Vertretern der syrischen Zivilschutzorganisation Weißhelme über die Zustände in dem Gefängnis nahe der Hauptstadt Damaskus informieren.
Saidnaja gilt als das wohl berüchtigtste Militärgefängnis aus der Zeit des Langzeitmachthabers Baschar al-Assad. Im Volksmund wurde es nur das "Schlachthaus" genannt. Seit 2011 haben Menschenrechtler dort systematische Massenhinrichtungen, Folter und das Verschwinden von Tausenden Gefangenen dokumentiert. Amnesty International kam nach Interviews mit Ex-Häftlingen, Sicherheitsleuten, Richtern sowie Anwälten und Experten zu dem Schluss, dass in Saidnaja unter Anweisung der Assad-Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden.
Gemeinsam besichtigten Baerbock und Barrot demnach die unterirdischen Zellen und Kerker, in denen viele Insassen zu Tode gefoltert wurden. "Wenn ich heute hier sehe, was die Menschen in dieser Hölle, in diesem Höllengefängnis, durchgemacht haben, dann wird deutlich, wie wichtig Ihre Arbeit war", sagte Baerbock nach dem Besuch in dem Gefängnis an die Weißhelme gewandt. Es sei wichtig gewesen, "auf die Stimmen der freien Menschen in Syrien zu hören" wie die der Weißhelme.
Diese hätten "unterstrichen, was für ein Regime das Assad-Regime war, das Folter angewandt hat, die sich niemand vorzustellen vermochte". Nun sei es an der internationalen Gemeinschaft zu helfen - "den Menschen, die hier in diesem Höllengefängnis gelitten haben, Gerechtigkeit zu verschaffen", sagte Baerbock weiter.
Hinrichtungen und Folter wurden schon zur Regierungszeit von Assads Vater Hafis dokumentiert, der im Jahr 2000 starb. Vater und Sohn regierten Syrien mit eiserner Faust mehr als 50 Jahre lang.
Baerbock will "Beweise sichern"
Bei den Gesprächen mit der neuen Führung in Damaskus wollten Baerbock und ihr französischer Kollege weitergeben, dass "Gerechtigkeit ein Eckpfeiler für die Versöhnung" in Syrien sei. In diesem Zusammenhang betonte die Ministerin, wie wichtig es sei, "die Beweise zu sichern und den Menschen Gerechtigkeit widerfahren" zu lassen.
Deutschland wolle Syrien helfen "bei einem inklusiven friedlichen Machtübergang, bei der Versöhnung der Gesellschaft, beim Wiederaufbau". Dazu gehöre die Gleichberechtigung der Frauen und von allen ethnischen oder religiösen Gruppen. Ähnlich äußerte sich Barrot.
Die Weißhelme sind eine syrische Zivilschutzorganisation, die 2013 nach Beginn des Bürgerkriegs von Freiwilligen gegründet wurde und seit 2016 von Deutschland unterstützt wird. Die rund 3000 Freiwilligen halfen unter anderem nach Luftangriffen dabei, Opfer zu bergen, waren aber auch nach den verheerenden Erdbeben in Syrien und der Türkei 2023 im Einsatz.
Quelle: ntv.de, mpa/dpa/AFP