Wann kommt der EU-Beitritt? Bas will "echte Perspektive" für Ukraine
10.05.2022, 08:33 Uhr
Bas traf auch den ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew.
(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)
Nach ihrem Besuch in der Ukraine spricht sich Bundestagspräsidentin Bas für einen schnellen EU-Beitritt des Landes aus. Sie hoffe, "dass es nicht Jahrzehnte braucht". Den ukrainischen Staatschef Selenskyj weiß sie dabei hinter sich - nicht aber Frankreichs Präsidenten Macron.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat sich nach ihrer Rückkehr aus der Ukraine für einen baldigen EU-Beitritt des von Russland angegriffenen Landes ausgesprochen. "Ich denke, das ist unser aller Ziel, dass wir die Europäische Gemeinschaft stärken", sagte Bas bei RTL. "Die Ukraine zeigt ja deutlich, dass sie das in diesem Krieg verteidigt, nämlich die freien Werte der EU, und die Demokratie. Deshalb ist es wichtig, dass es Signale gibt, dass solch ein Beitritt irgendwann auch möglich sein muss."
Im ZDF sagte die SPD-Politikerin, sie hoffe anders als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, "dass es nicht Jahrzehnte braucht". Natürlich warteten auch andere Länder auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Verfahren und Zeitpläne müssten aber so beschleunigt werden, dass eine "echte Perspektive" daraus werde.
Bas sagte bei RTL außerdem, Präsident Wolodymyr Selenskyj habe deutlich gemacht, dass er sich einen beschleunigten EU-Beitritt wünsche. Zugleich betonte sie, dass die Verstimmungen zwischen Deutschland und der Ukraine ausgeräumt seien. "Ich habe das so empfunden und glaube, dass sie sehr froh sind, dass wir da sind und deutlich machen, dass wir sie weiter unterstützen und weiterhelfen. Das ist dem ukrainischen Volk sehr wichtig." Bas hatte am Wochenende die Ukraine besucht.
Die EU-Kommission will im Juni beurteilen, ob die Ukraine offizieller EU-Beitrittskandidat werden kann. Bei einer positiven Entscheidung bräuchte es noch die Zustimmung aller EU-Staaten. Erst dann könnten Beitrittsverhandlungen beginnen.
Selenskyj sieht wichtigen Schritt
Selenskyj erklärte am Montagabend, er hoffe, dass der Ukraine schon im Juni der Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt werde. "Heute haben wir auf unserem Weg in die Europäische Union einen weiteren Schritt gemacht, einen wichtigen und nicht nur formalen", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Sein Land habe am Montag die zweite Hälfte der Antworten auf den Fragebogen übergeben, den jeder Staat für den Mitgliedschaftsantrag ausfüllen muss. "Das dauert üblicherweise Monate, aber wir haben das innerhalb von Wochen erledigt."
Er habe am Montag sowohl mit EU-Ratspräsident Charles Michel als auch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die europäische Integration der Ukraine gesprochen, sagte Selenskyj. Beide seien beeindruckt gewesen von der schnellen Beantwortung des Fragebogens. "Und es hat mich gefreut, von ihr (von der Leyen) zu hören, dass unsere Geschwindigkeit die EU-Kommission stimulieren wird, ebenso schnell zu handeln."
Macron rechnet mit Jahrzehnten
Frankreichs Präsident Macron hatte hingegen am Montag Hoffnungen auf einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine gedämpft. Das Verfahren könne "Jahrzehnte" dauern, sagte Macron in einer Rede im Europaparlament in Straßburg.
Stattdessen plädierte er für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Kiew und schlug die Schaffung einer "europäischen politischen Gemeinschaft" für die Ukraine und andere beitrittswillige Länder vor. "Diese neue europäische Organisation würde für demokratische europäische Nationen, die sich zu unserem Wertefundament bekennen, einen neuen Raum für politische Zusammenarbeit, Sicherheit und Kooperation ermöglichen", sagte der Staatschef. Frankreich zählt zu den Ländern, die einer Erweiterung der EU zuletzt skeptisch gegenüberstanden.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP