Bundesland in Vorreiterrolle Berliner Senat erklärt die "Klimanotlage"
10.12.2019, 17:32 Uhr
Der morgendliche Berufsverkehr fließt über den Kaiserdamm in Berlin.
(Foto: picture alliance/dpa)
Das EU-Parlament hat den Klimanotstand ausgerufen. Jetzt folgt Berlin als erstes Bundesland. Doch den Begriff Notstand lehnt der Senat klar ab - aus historischen Gründen.
Als erstes deutsches Bundesland hat Berlin eine "Klimanotlage" ausgerufen. Das teilte der Senat der Hauptstadt mit. Auf Vorschlag von Umweltsenatorin Regine Günther beschloss er, eine solche Notlage zu erklären und seine Bemühungen zur Verbesserung der Berliner CO2-Bilanz zu intensivieren. Alle Beschlüsse des Senats sollten künftig darauf ausgerichtet werden, die deutsche Hauptstadt "schnellmöglichst" klimaneutral zu machen.
Der Senat stelle mit der Entscheidung "ausdrücklich fest, dass die fortschreitende Erderhitzung eine Klimanotlage darstellt, die zusätzliche Anstrengungen zugunsten des Klimaschutzes auch auf Berliner Landesebene erforderlich macht", teilte die Landesregierung mit. Alle Beschlüsse des Senats sollten künftig einen "Klima-Check" erhalten, bei dem ihre Auswirkungen auf das Klima geprüft würden.
"Wir haben festgehalten, dass wir über unsere bisherigen Ziele, den CO2-Ausstoß um 85 Prozent zu senken, gemessen an 1990, hinausgehen wollen", sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller im Anschluss an die Senatssitzung. "Wir wollen deutlich mehr noch erreichen als diese 85 Prozent."
Demnach will die Regierung aus SPD, Grünen und Linken insgesamt erreichen, dass das im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 formulierte Ziel einer völlig klimaneutralen Stadt bis 2050 durch stärkeres Absinken der Emissionen schneller erreicht wird. Dafür soll das zwei Jahre alte Programm ergänzt und überarbeitet werden.
"Notstand" oder "Notlage"?
Zahlreiche politische Körperschaften und Institutionen weltweit haben bereits einen Klimanotstand ausgerufen, darunter zuletzt in einem viel beachteten Schritt das EU-Parlament. Dabei handelt es sich um Absichtserklärungen ohne rechtliche Bindungswirkung. Sie sollen jedoch zum Ausdruck bringen, dass dem Thema hohe Priorität zukommt. In Deutschland riefen bisher nur Städte und Gemeinden den Klimanotstand aus. Länder waren noch nicht darunter. Der Berliner Senat lehnt den Begriff "Klimanotstand" allerdings ab, da dieser mit der Notstandsgesetzgebung in der Weimarer Republik und dem Entzug demokratischer Rechte verbunden werde, erklärte Müller.
Die Volksinitiative Klimanotstand Berlin kritisierte den Senatsbeschluss als ungenügend. In seiner jetzigen Form sei dieser "nur ein Klimanotständchen." Im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnisse müsste Berlin bis 2030 klimaneutral werden, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 einzuhalten. Darin hatte sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet, die Erderwärmung insgesamt auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Quelle: ntv.de, agr/AFP/dpa