"Sorge um mein Lebenswerk" Biedenkopf: Tillich fehlt Vorbildung fürs Amt
04.10.2017, 16:09 Uhr
"König Kurt" meldet sich ab und an aus dem Ruhestand zu Wort - aber noch nie derart deutlich.
(Foto: dpa)
Sachsen erweist sich bei der Bundestagswahl als Hochburg der AfD: Drei Direktmandate und das bundesweit stärkste Zweitstimmenergebnis holt die Partei im Freistaat. Ein früherer Ministerpräsident attackiert nun den Amtsinhaber.
Nach dem schlechten Abschneiden der sächsischen CDU bei der Bundestagswahl gibt der frühere Ministerpräsident des Freistaats, Kurt Biedenkopf, seinem Nachfolger die Schuld. Dem amtierenden Regierungschef Stanislaw Tillich fehle für sein Amt die "Vorbildung", sagt der 87-Jährige der "Zeit". Tillich sei für das Amt ursprünglich nicht vorgesehen gewesen: "Er hat das nie gelernt", sagt Biedenkopf. "Ich sorge mich um mein Lebenswerk." Die AfD war beim Urnengang in Sachsen knapp stärkste Kraft vor der Union geworden und hatte im Freistaat zudem ihre drei Direktmandate gewonnen.
Ein Ministerpräsident dürfe nicht scheu sein, wenn es um Entscheidungen gehe. "Er lebt ein bisschen in einer anderen Welt, ist primär interessiert an Kompromissen", sagte Biedenkopf über Tillich. "Ein Ministerpräsident ist aber etwas anderes als ein Präsident."
Die Sachsen "sind mit ihrer Regierung unzufrieden", sagte der langjährige Ministerpräsident weiter. "Sie können es nicht vertragen, wenn sie das Gefühl haben, nicht gut regiert zu werden", so Biedenkopf. Wenn die Polizeiausstattung fehle, die Sicherheit an den Grenzen nicht funktioniere und die Lehrer nicht ausreichten, fühlten sich die Menschen unsicher.
Biedenkopf hält es in der gegenwärtigen Lage für schwierig, die Leute zurückzugewinnen. "Jetzt an die Bevölkerung zu appellieren, wieder CDU zu wählen, wäre wohl wirkungslos", sagte er. "Da macht man sich lächerlich. Die CDU regiert seit 27 Jahren."
Als Nachfolger für den Amtsinhaber würde sich Biedenkopf den bisherigen Bundesinnenminister und ehemaligen sächsischen Landesminister Thomas de Maizière wünschen. "Ich würde mich natürlich freuen, ihn noch einmal in Sachsen zu sehen", sagt Biedenkopf. Doch habe de Maizière "eine Bombenstellung in Berlin, und wenn er nicht sich selbst sagt, dass er jetzt über 60 ist und noch mal eine Altersbeschäftigung in Sachsen sucht - dann kommt er auch nicht nach Dresden".
Kurt Biedenkopf war der erste sächsische Ministerpräsident nach der Wende und regierte das Land bis 2002. Er hatte dreimal die absolute Mehrheit für seine Partei geholt.
Quelle: ntv.de, jwu