Politik

Vorbereitung auf neue Angriffe? Britische Geheimdienste: Russen wollen Ukrainer einkesseln

Ein zerstörter russischer Panzer nahe Brovary bei Kiew.

Ein zerstörter russischer Panzer nahe Brovary bei Kiew.

(Foto: AP)

Welche Strategie verfolgt Russland in der Ukraine? Laut britischen Geheimdiensten beabsichtigt die russische Armee, die ukrainischen Streitkräfte einzukesseln. Beide Kriegsparteien geben sich indes zuversichtlich. Laut Kiew ist die Zahl der getöteten russischen Soldaten höher als im Afghanistan-Krieg.

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sollen russische Truppen bei ihrem Vormarsch im Osten der Ukraine versuchen, die ukrainischen Streitkräfte einzukesseln. Dies geschehe, indem sich Truppen aus Charkiw im Norden und aus Mariupol im Süden fortbewegten, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

Die Russen würden sich im Norden der Ukraine mutmaßlich zurzeit neu organisieren, um sich auf großangelegte Angriffe vorzubereiten. Derzeit sei das Kampfgeschehen dort "weitgehend statisch", hieß es weiter. Schon vor Beginn des Krieges begann London damit, in ungewöhnlich offener Art und Weise Geheimdienstinformationen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Seit mehreren Wochen veröffentlicht die Regierung nun tägliche Einschätzungen zum Verlauf des Angriffskrieges.

Laut dem Generalstab halten die Ukrainer ihre Stellung trotz fortdauernder russischer Luftangriffe. Der Vormarsch des Gegners werde an mehreren Fronten gestoppt, zum Beispiel bei Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten, teilte der Generalstab in Kiew mit. Auch Mykolajiw im Süden werde verteidigt, ebenso Tschernihiw im Nordosten. Zur Lage in der seit Wochen besonders heftig umkämpften Stadt Mariupol teilte die Militärführung lediglich mit, die ukrainischen Kräfte verteidigten sich gegen Angriffe aus allen Richtungen.

Nach Angaben aus Kiew soll die ukrainische Seite auch Hubschrauberangriffe im Raum Charkiw im Osten des Landes abgewehrt haben. "Unsere Truppen halten ihre Stellungen", wurde der regionale Befehlshaber Oleg Sinegubow von der "Ukrajinska Prawda" zitiert. Schwierig sei die Lage im belagerten, rund 100 Kilometer entfernten Isjum. Zu der Stadt gebe es keine Verbindung mehr.

Moskau: Munitionslager zerstört

Das russische Verteidigungsministerium in Moskau erklärte dagegen, Kampfhubschrauber vom Typ Ka-52 hätten ein ukrainisches Munitionslager zerstört. Ein Ort wurde nicht genannt. Nach russischen Angaben wurden zudem nicht näher bezeichnete Militäranlagen im Umkreis der Stadt Riwne im Nordwesten der Ukraine mit Raketen beschossen. Dabei seien am Dienstag drei Raketen eingeschlagen, sagte der regionale Militärchef Vitali Kowalj der Agentur Unian. "Während eines Alarms am Abend hat der Gegner dreimal auf ein Objekt der militärischen Infrastruktur geschossen", hieß es. "Eine Kommission ist vor Ort, die Verluste werden festgestellt." Details nannte Kowalj nicht, die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich unabhängig kaum überprüfen.

Für diesen Mittwoch sind nach ukrainischen Angaben außerdem neun Fluchtkorridore vereinbart worden. Es werde versucht, über diese Wege Zivilisten aus umkämpften Orten in Sicherheit zu bringen, sagt Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk. Für das Zentrum der Stadt Mariupol, in der die Lage für die Bevölkerung besonders kritisch ist, konnte offenbar kein Fluchtkorridor ausgehandelt werden. Wereschtschuk erklärt, für die Bewohner von Mariupol stünden Transportmöglichkeiten in Berdjansk bereit. Die Stadt liegt rund 85 Kilometer westlich von Mariupol.

Unter anderem soll es auch eine Feuerpause für die Region Luhansk geben. Sie soll ab 9.00 Uhr Ortszeit gelten, erklärt der zuständigen Gouverneur. Serhij Gaidaj auf dem Messengerdienst Telegram. Ziel sei es, durch die Kämpfe in der ostukrainischen Region eingeschlossene Zivilisten in Sicherheit zu bringen.

Ukraine: Mehr russische Opfer als im Afghanistan-Krieg

Die Zahl der in der Ukraine getöteten russischen Soldaten ist indes nach ukrainischen Angaben höher als die aller Opfer des Afghanistan-Krieges der Sowjetunion. Dies berichtet die ukrainische Online-Zeitung Kyiv Independent und beruft sich auf Zahlen des Generalstabs. Demnach starben bis zum 22. März - also in weniger als vier Wochen Krieg - 15.300 russische Soldaten, im rund zehnjährigen Afghanistan-Krieg waren es den Angaben zufolge 15.051.

Die kremlnahe russische Zeitung "Komsomolskaja Prawda" hatte am Sonntag in einem schnell wieder gelöschten Online-Artikel unter Berufung auf das Verteidigungsministerium die Zahl der getöteten russischen Soldaten auf 9861 beziffert. Moskau hat bislang lediglich 498 Tote bestätigt. Britische und US-Geheimdienste gehen von mehr als 7000 Gefallenen aufseiten Russlands im Krieg in der Ukraine aus.

Laut Kremlsprecher Dmitri Peskow verläuft der Krieg in der Ukraine, der in Russland "militärische Spezialoperation" heißt, allerdings "streng nach Plan". Der Verlauf des Einsatzes entspreche den im Vorhinein festgelegten Zielen, sagte Peskow dem TV-Sender CNN.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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