Regierungsbildung in Israel Bündnis ohne Netanjahu nimmt Formen an
30.05.2021, 17:35 Uhr
Hardliner Naftali Bennett (l.) sichert Jair Lapid (r.) seine Unterstützung zu.
(Foto: picture alliance / dpa)
In Israel wird ein Regierungsbündnis unter Ausschluss Netanjahus immer wahrscheinlicher. Der Liberale Jair Lapid ist kurz davor ein Bündnis aus rechts- und linksgerichteten Parteien zu bilden. Nun hat er auch Hardliner Naftali Bennett auf seiner Seite.
In Israel liegt eine Regierungsbildung unter Ausschluss von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Medienberichten zufolge in den letzten Zügen. Der Liberale Jair Lapid sei kurz davor ein Bündnis aus rechts-orientierten, gemäßigten und linksgerichteten Parteien zu schmieden, berichteten israelische Medien am Sonntag. Einzige Gemeinsamkeit der Lager sei allerdings, zu verhindern, dass Netanjahu erneut an die Macht komme.
Am Abend gab Naftali Bennett, der Chef der religiös-nationalistischen Partei Jamina, zum Eintritt in eine Koalition mit Lapid bereit erklärt. "Ich werde alles tun, um eine Regierung der nationalen Einheit mit meinem Freund Jair Lapid zu bilden", sagte Bennett. Im Parlament verfügt Jamina über sechs Sitze und könnte sich damit als Königsmacher erweisen. Medien zufolge würde Bennett zunächst das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und später an Lapid übergeben.
Eine solche Vereinbarung war laut Berichten bereits so gut wie abgemacht als der Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästinensern am 10. Mai wieder voll ausbrach. Angesichts der Gewalt brach Bennett die Gespräche zunächst ab und erklärte, eine breitere Einheitsregierung anzustreben. Das hatte die Chancen von Netanjahu auf den Machterhalt wieder erhöht.
Lapids Frist läuft bald ab
Netanjahu machte am Sonntag einen Gegenvorschlag, um die Regierungsgeschäfte doch noch weiterführen zu können. Er plädierte für ein Bündnis aus drei Parteien. Er wolle zunächst einem anderen rechtsgerichteten Politiker, Gideon Saar, Platz machen, erklärte Netanjahu. Saar solle die ersten 15 Monate als Ministerpräsident regieren, dann würde er selber für zwei Jahre wieder übernehmen. Jamina-Chef Bennett solle dann für die restliche Zeit der Legislaturperiode die Regierungsgeschäfte führen.
Saar lehnte den Vorschlag umgehend ab. Netanjahus Herrschaft müsse beendet werden, erklärte er über Twitter. Der 71-Jährige regiert seit 2009 und ist damit der am längsten amtierende Ministerpräsident Israels.
Aktuell ist Lapid mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Frist läuft am Mittwoch ab. Seine liberale Partei Jesch Atid war bei der Parlamentswahl am 23. März zweitstärkste Kraft nach dem nationalkonservativen Likud von Netanjahu. Diesem war es aber nicht gelungen, innerhalb der gesetzten Frist eine Regierung zu bilden. Sollte am Ende keine neue Regierung zustande kommen, dürfte es Neuwahlen geben - die fünften binnen zwei Jahren.
Quelle: ntv.de, can/rts/jpe