"Intelligente Stadtplanung" Baerbock schwärmt für finnische Bunker
16.02.2023, 11:09 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Eine Bodenmarkierung in einem der unterirdischen Gänge animierte die deutsche Ministerin sogar zu einem Hüpfspiel.
(Foto: dpa)
In Helsinki schaut sich die deutsche Außenministerin auch den unterirdischen Teil der finnischen Hauptstadt an. In zahlreichen Bunkern könnten dort 900.000 Menschen Zuflucht finden. In Friedenszeiten treiben die Finnen in den Schutzräumen Sport oder gehen ins Theater. Für Baerbock ein Vorbild.
Außenministerin Annalena Baerbock dringt auf eine schnelle Aufnahme von Finnland und Schweden in die NATO. "Beim NATO-Gipfel in Madrid im letzten Sommer haben wir gemeinsam die Grundlage für den Beitritt gelegt. Und wir erwarten natürlich von allen NATO-Mitgliedern, dass sie diesen Beschluss ohne weitere Verzögerung umsetzen", sagte die Grünen-Politikerin bei einem Besuch in Helsinki mit Blick auf die Blockade der Türkei. Dort zeigte sie sich zudem angetan von Finnlands riesigen Bunkern, einer Art unterirdischen Stadt.
Schon seit Jahren baut die Stadt viele Freizeitanlagen zugleich als Zufluchtsorte, etwa ein Schwimmbad oder eine Sporthalle in 28 Metern Tiefe, wo selbst Schulen ihren Sportunterricht abhalten. Einen ähnlichen Schutzraum besuchte Baerbock. "Die Anlagen unter dieser Stadt bieten 900.000 Menschen Platz", zitiert die "Bild"-Zeitung die Ministerin. Dass die riesigen Bunker abseits von Kriegszeiten nicht leer stehen, sondern als Schwimmbad oder Theatersaal fest in den Alltag der Menschen integriert seien, zeige, was intelligente Stadtplanung leisten könne. "Sicherheit, das ist auch die Sicherheit der Menschen im Alltag, zu jeder Zeit, an jedem Ort", sagte Baerbock. "In Sachen Zivilschutz ist Finnland Vorreiter in Europa und Vorbild für uns alle."
Mehr als 50.000 Bunker bieten in ganz Finnland mehr als vier Millionen Menschen Schutz, während nach Angaben des Bundesinnenministeriums in Deutschland gerade einmal rund 600 öffentliche Schutzräume übrig geblieben sind. Innenministerin Nancy Faeser will prüfen, ob weitere Anlagen wieder in Betrieb genommen werden können. Den Abbau hat die Bundesregierung angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bereits gestoppt.
1340 Kilometer Grenze zu Russland
Finnland grenzt auf 1340 Kilometern an Russland. Das macht die Lage für das nördlichste Land der EU nicht einfacher: Zum einen zeigt es seine Unterstützung für die Ukraine immer wieder mit militärischen Hilfen, zum anderen schaut es intensiv auf seine eigene Sicherheit. Das zeigt sich auch an der Diskussion um die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine. Finnland verfügt über rund 200 und hat Bereitschaft zur Lieferung signalisiert.
Das Einverständnis zum NATO-Beitritt hat allerdings auch Ungarn hat noch nicht gegeben. Der Erweiterung müssen alle derzeit 30 NATO-Mitglieder zustimmen. Deutschland werbe dafür, dass Finnland und Schweden nun auch Mitglied der westlichen Militärallianz werden könnten, sagte Baerbock. Als Reaktion auf eine Koranverbrennung vor der türkischen Botschaft in Stockholm hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan jüngst gedroht, Schweden könne bei seinem NATO-Antrag nicht mit türkischer Unterstützung rechnen. Finnland gegenüber zeigte er sich aufgeschlossener.
Baerbock ist für zwei Tage im Norden Europas zu Besuch - erst in Helsinki, an diesem Dienstag in Stockholm. Nach einem Gespräch mit dem finnischen Außenminister Pekka Haavisto betonte sie, wie historisch der Entschluss der Nordeuropäer zur NATO-Mitgliedschaft nach langer Zeit der Bündnisfreiheit sei - und wie vorteilhaft für Deutschland und die anderen Bündnispartner. "Ich will heute daher noch mal bekräftigen, wie bereichernd es für das Bündnis ist, dass ihr der NATO beitreten wollt", sagte sie an die Adresse der Gastgeber. "Dadurch gewinnt unsere Allianz zwei wertvolle neue Mitglieder, mit denen wir ohnehin schon sehr, sehr eng zusammenarbeiten."
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 14. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, chl/dpa