Die Kriegsnacht im Überblick CIA geht von 15.000 gefallenen Russen aus - Kiew bittet um Luftabwehrwaffen
21.07.2022, 07:18 Uhr
Ukrainische Soldaten neben einem russischen Panzerwrack.
(Foto: picture alliance / AA)
Bei ihrem Besuch in Washington wirbt die ukrainische Präsidentengattin Selenska eindringlich um die Lieferung weiterer Luftabwehrsysteme für ihr Land. Unterdessen gehen die USA davon aus, dass seit Beginn des Krieges 15.000 Kreml-Soldaten gefallen sind. Außenministerin Baerbock will die Ringtausch-Praxis einer Überprüfung unterziehen.
Selenskyj: Russland nutzt Ukraine als Testfeld
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, die Ukraine als Testfeld für mögliche Angriffe gegen andere europäische Staaten zu nutzen. "Russland testet in der Ukraine alles, was gegen andere europäische Länder eingesetzt werden kann", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. "Es fing mit Gaskriegen an und endete mit einer großangelegten Invasion, mit Raketenterror und niedergebrannten ukrainischen Städten."
Die Ukraine müsse Russland auch deshalb besiegen, damit andere Länder sicher seien, sagte Selenskyj. "Je schneller dies geschieht, desto weniger Schaden und Leid werden alle europäischen Familien, alle europäischen Länder erfahren."
USA schätzen Moskaus Verluste auf 15.000 Mann
Nach Schätzungen des US-Auslandsgeheimdienstes CIA sind im Krieg gegen die Ukraine auf russischer Seite bereits 15.000 Menschen ums Leben gekommen. Etwa dreimal so viele Russen seien bislang vermutlich verwundet worden, sagte CIA-Direktor William Burns bei einer Podiumsdiskussion während einer Sicherheitskonferenz in Aspen im US-Bundesstaat Colorado. "Und auch die Ukrainer haben gelitten - wahrscheinlich etwas weniger. Aber, Sie wissen schon, erhebliche Verluste", sagte Burns.
Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Totenzahlen gibt es nicht. Burns sagte, die Ballung der russischen Streitkräfte im Donbass deute zumindest im Moment darauf hin, dass das russische Militär aus den Fehlschlägen zu Beginn des nun schon seit fast fünf Monaten anhaltenden Krieges gelernt habe.
Ukraine bittet um Luftabwehrwaffen
Die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska hat die USA bei einer Rede im Kapitol in Washington eindringlich um mehr Waffen und speziell um Luftabwehrsysteme gebeten. Selenska warf Russland in einer Ansprache vor Kongressabgeordneten und Senatoren vor, einen "Terrorkrieg" gegen ihr Land zu führen. Bei ihrem Vortrag, bei dem sie unter anderem Bilder getöteter ukrainischer Kinder zeigte, dankte sie den USA für deren Unterstützung.
"Während Russland tötet, rettet Amerika", sagte Selenska. "Aber leider ist der Krieg nicht vorbei, der Terror geht weiter." Sie sehe sich daher dazu gezwungen, um Waffen zu bitten. "Waffen, die nicht dazu benutzt werden, einen Krieg in einem fremden Land zu führen, sondern um die eigene Heimat zu schützen", sagte die Ehefrau von Präsident Selenskyj. "Ich bitte um Luftabwehrsysteme, damit Raketen nicht Kinder in ihren Kinderwagen töten, damit Raketen nicht Kinderzimmer zerstören und ganze Familien töten."
Baerbock gesteht Probleme beim Ringtausch ein
Außenministerin Annalena Baerbock hat angekündigt, dass die Bundesregierung die Praxis des Waffen-Ringtauschs mit osteuropäischen Ländern überprüfen wird. "Es klappt nicht in allen Bereichen", sagte die Grünen-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick etwa auf die Verhandlungen mit Polen. Man überprüfe dies und schaue, ob man andere Wege gehen müsse.
Hintergrund ist, dass Deutschland osteuropäischen Partnern Waffen anbietet, damit diese etwa Panzer aus russischer Produktion an die Ukraine liefern. Allerdings hatte Polen einen solchen Tausch nun nicht mit Deutschland, sondern mit den USA abgeschlossen.
Ukrainischer Außenminister: Moskau will Blut statt Verhandlungen
Die Ukraine reagierte empört darauf, dass Russland mit der Einnahme weiterer Gebiete gedroht hatte. "Russland verwirft die Diplomatie und ist auf Krieg und Terror konzentriert", schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Anstelle von Verhandlungen seien die Russen auf Blutvergießen aus. Zuvor hatte Russlands Außenminister Lawrow erklärt, Moskaus Gebietsforderungen an Kiew seien mittlerweile größer als noch zu Kriegsbeginn Ende Februar.
Nach dem Einmarsch ins Nachbarland hatte der Kreml von Kiew vor allem die Abtretung der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie die der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk gefordert. Die Ukraine lehnte das klar ab. Nun verweist Moskau auf westliche Waffenlieferungen, die angeblich eine Bedrohung für die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk darstellen sollen. Deshalb wolle man die ukrainische Armee noch weiter zurückdrängen als ursprünglich geplant, heißt es aus Moskau.
Russische Grenzregion beklagt tödlichen Beschuss
Die russische Grenzregion Belgorod macht die ukrainische Seite für einen Angriff mit einem Todesopfer verantwortlich. Am Mittwoch seien die Dörfer Nechotejewka und Schurawljowka beschossen worden, teilte der Gouverneur der Region mit. In Nechotejewka seien mehrere Häuser beschädigt worden, außerdem sei ein Zivilist gestorben. Russland, das den Krieg gegen das Nachbarland Ukraine selbst begonnen hat, beklagt seitdem immer wieder Beschuss auch auf dem eigenen Staatsgebiet. Die ukrainische Seite äußert sich in der Regel nicht zu diesen Vorwürfen.
Das wird am Donnerstag wichtig
- Die neuen Russland-Sanktionen der EU sollen heute in Kraft treten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachte am Mittwoch in Brüssel das schriftliche Beschlussverfahren auf den Weg. Es gilt als Formalie, da der Einleitung des Verfahrens normalerweise nur zugestimmt wird, wenn alle EU-Hauptstädte keine Einwände mehr haben.
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Quelle: ntv.de, jpe/dpa