Söder bei Lanz CSU-Chef will "mittelfristig" Wehrpflicht einführen
25.01.2024, 04:08 Uhr Artikel anhören
Falls Trump wieder US-Präsident wird: Söder plädiert für eine Wehrpflicht
(Foto: picture alliance/dpa)
CSU-Chef Markus Söder ist für eine Modernisierung der Bundeswehr. Unter anderem fordert er in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz die Wiedereinführung der Wehrpflicht in einigen Jahren. Kritik gibt es von Militärexpertin Major.
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder fordert eine Neugestaltung der Bundeswehr. Besonders umstritten: eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz erklärt Söder seine Pläne. Deutschland müsse sich angesichts einer möglichen Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten mehr um seine eigene Verteidigung kümmern, so Söder. "Es besteht eine echte Herausforderung, wie wir sie noch nie hatten", sagt der CSU-Vorsitzende. Das würden auch die Innenminister der Länder so beurteilen, die im Rahmen des Katastrophenschutzes wieder von einem V-Fall, also dem Verteidigungsfall, sprechen würden. "Wir müssen uns darüber klar werden, in welchem Zustand unsere Bundeswehr ist, wenn das eintritt, was wir befürchten", so Söder.
Wenn die USA die NATO erneut infrage stellen oder sich gar aus Europa zurückziehen würden, ergebe sich für Europa eine schwierige Situation, auf die man sich vorbereiten müsse. "Wir haben ja in Deutschland die Zeitenwende ausgerufen. Wir sind aber momentan eher an einem Zeitenwendchen. So richtig viel ist noch nicht passiert", kritisiert Söder. Für die Bundeswehr bedeute dies eine Erneuerung in mehreren Stufen. Zunächst gehe es um eine maximale Materialausstattung. Im Moment fehle es an Panzern, Artillerie, ja sogar an Munition. Zudem müssten etwa 100.000 Drohnen angeschafft werden. Weiterhin fordert Söder neue Strukturen, und man müsse sich über den atomaren Schutzschirm Gedanken machen. Und: "Natürlich müssen wir auch darüber nachdenken, ob wir genug Bundeswehrsoldaten haben. Da gibt es viele unterschiedliche Pläne und Ideen."
Wehrpflicht einfacher als Dienstpflicht
Söder sagte, er könne sich eine Wiedereinführung der Wehrpflicht innerhalb der nächsten sieben Jahre vorstellen. In Deutschland werde auch über die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht diskutiert. Söder: "Da bin ich etwas zurückhaltend, weil ich glaube, dass die verfassungsmäßig schwer umsetzbar ist." Die Wehrpflicht sei jedoch nur ausgesetzt und darum leichter wieder einzuführen.
Tatsächlich hat der Bundestag die "Einberufung zum Grundwehrdienst" im März 2011 auf Vorschlag des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU ausgesetzt. Das Parlament hatte damals das Wehrpflichtgesetz abgeändert und beschlossen, dass eine Wehrpflicht nur im Spannungs- und Verteidigungsfall gelten solle. Söder fürchtet, die USA könnte unter einem Präsidenten Trump die Hilfe für die Ukraine einschränken oder stoppen. Das könnte einen Sieg Russlands im Ukrainekrieg möglich machen, was eine Gefahr für das westliche Verteidigungsbündnis bedeuten könne.
Zwar muss sich laut Söder die Bundeswehr für Männer und Frauen öffnen. Von der Wehrpflicht sollten jedoch zunächst nur Männer betroffen sein. Es müsse eine neue Form der Musterung geben, und die Wehrpflicht solle auf sieben Monate beschränkt werden, schlägt Söder vor. Dabei geht es dem CSU-Politiker nicht allein um die Frage der Verteidigungsfähigkeit. "Ich finde auch wichtig, dass wir eine andere Beziehung junger Menschen zum Staat haben."
Das schwedische Modell
Kritik an Söders Ideen kommt von der Verteidigungsexpertin Claudia Major. Die Diskussion sei nicht neu, die Einführung der Wehrpflicht sei aber die völlig falsche Frage, sagt Major bei Lanz. Egal, ob Personalfüllung, die Stärkung der Wehrtüchtigkeit oder der Gesamtverteidigung des Landes oder die Integration bestimmter Bevölkerungsgruppen: "Für mich ist die Wehrpflicht für keine der Fragen eine Lösung."
Major schlägt stattdessen das "schwedische Modell" vor. Dabei werden Wehrpflichtige nur gemustert, eingezogen werde jedoch nur, wer wirklich wolle, erklärt Major. Für Deutschland sei zudem wichtig, dass es nicht nur um Masse gehe. "Ich glaube, wir müssen vielmehr überlegen, wie die Bundeswehr das Personal kriegt, das sie wirklich braucht", so die Expertin.
Söder kann sich für das schwedische Modell nicht begeistern. Er glaubt, im Ernstfall funktioniere es nicht. "Mittelfristig, wenn sich die Frage stellt – ich sage es mal ganz banal: Gewinnt der Russe und geht der Amerikaner, dann stellt sich die Verteidigungsfähigkeit, übrigens auch finanziell, in einer ganz anderen Form."
Quelle: ntv.de