Haftbefehl gegen Messerstecher CSU fordert härteres Vorgehen
30.07.2017, 06:45 Uhr
Nach dem tödlichen Messerangriff am Freitag untersuchen Ermittler den Tatort.
(Foto: REUTERS)
Der Messerstecher von Hamburg war ausreisepflichtig und als Islamist bekannt. Nun fragen Politiker von Union und SPD: Warum saß er nicht in Abschiebehaft? Solche Personen müssten "aus dem Verkehr gezogen werden", so CSU-Generalsekretär Scheuer.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat Konsequenzen aus der tödlichen Messerattacke eines ausreisepflichtigen Flüchtlings in Hamburg gefordert und sich für Änderungen bei der Praxis von Abschiebungen ausgesprochen. Der "verfahrenstechnische Teufelskreis" müsse beendet werden, sagte er der "Bild am Sonntag". "Wenn eine Radikalisierung bekannt ist, müssen solche Personen aus dem Verkehr gezogen und festgesetzt werden, bevor sie Taten begehen."
Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte der "Heilbronner Stimme": "Auch wenn die konkreten Umstände noch unklar sind, stellt sich die Frage, warum der Mann nicht in Abschiebehaft saß." Der Gesetzgeber habe erst vor wenigen Wochen die Möglichkeiten dazu erweitert. Am Samstag war das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht in Kraft getreten.
Staatsanwaltschaft und Polizei versuchen indes weiter, die Hintergründe der Bluttat aufzuklären. Am Samstagabend erließ ein Richter Haftbefehl wegen des Verdachts auf vollendeten Mord sowie fünffachen versuchten Mord, wie die Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft, Nana Frombach, sagte. Zum Tathergang oder seinem Motiv habe der Mann keine Angaben gemacht, wohl aber zu seiner Person. Für eine verminderte Schuldfähigkeit hätten sich "keine belastbaren Hinweise" ergeben, sagte sie.
Zuvor hatte Innensenator Andy Grote gesagt, bei dem Mann gebe es Hinweise auf religiöse Beweggründe und islamistische Motive, aber auch auf eine "psychische Labilität".
Der SPD-Politiker sagte, es müsse nun geprüft werden, ob die Behörden allen Hinweisen auf eine mögliche Gefährlichkeit des Täters immer angemessen nachgegangen seien. Es habe Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben.
Der 26-jährige abgelehnte Asylbewerber war den Landesbehörden als Islamist bekannt, wurde aber als nicht unmittelbar gefährlich eingestuft. Der Palästinenser, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde, war 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Der Angreifer war ausreisepflichtig und befand sich im Ausreiseverfahren. Er hatte gegen seinen negativen Asylbescheid aber keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren mitgewirkt. Zuvor hatte er nach Angaben der Hamburger Senatsverwaltung in Norwegen, Schweden und Spanien gelebt.
Spontane Tat?
Der 26-Jährige hatte am Freitagnachmittag im Stadtteil Barmbek unvermittelt auf Menschen eingestochen. Ein 50-Jähriger starb. Sieben weitere Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Inzwischen sind alle außer Lebensgefahr. Dabei handelte der Mann möglicherweise spontan. So nahm er erst im Supermarkt ein Messer und riss es aus der Verpackung.
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte weiter, der Mann sei in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg inhaftiert. Ihre Behörde sei mit der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe in Kontakt. Anfang der Woche wird darüber beraten, ob die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich zieht. Die Staatsanwaltschaft des Bundes beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe verfolgt Straftaten gegen die innere und äußere Sicherheit, also etwa Landesverrat oder Terrorismus. Den Ermittlern zufolge gab es bislang keine Hinweise auf Hintermänner oder ein Unterstützer-Netzwerk.
Kanzlerin Angela Merkel erklärte: "Die Gewalttat muss und wird aufgeklärt werden." Sie sprach den Opfern ihr Mitgefühl aus. Wie Justizminister Heiko Maas zollte sie jenen Passanten, darunter viele mit Migrationshintergund, Respekt, die sich dem Angreifer mutig entgegengestellt hatten, bis die Polizei kam.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa