Nach Debatten über heikle Themen China sperrt beliebte Talk-App Clubhouse
09.02.2021, 07:33 Uhr
Die Nutzer der im vergangenen Frühjahr in den USA entwickelten App können per Audio verschiedene "Räume" besuchen, in denen Menschen miteinander reden.
(Foto: imago images/Sven Simon)
Der App Clubhouse ist es einige Tage gelungen, die strenge Zensur von Online-Netzwerken zu umgehen. Doch die Freiheit war nur von kurzer Dauer. Nachdem die Zahl der Nutzer, die über heikle Themen diskutiert haben, stetig gewachsen ist, verhängen die Behörden eine Sperre.
Nach chinakritischen Diskussionen im sozialen Netzwerk Clubhouse hat Chinas Zensur die beliebte Talk-App gesperrt. Nutzer in der Volksrepublik seien nicht mehr in der Lage, sich mit der Plattform zu verbinden, bestätigte der Webdienst Great Fire, der chinesische Internetblockaden verfolgt. Die Sperre folgte auf intensive Debatten in Clubhouse über heikle politische Themen wie Hongkong, Taiwan oder die Verfolgung von Uiguren in China.
Diese Diskussionen hatten der Audio-App in China jüngst viel Aufwind gebracht. Dass die Talk-App den chinesischen Meinungswächtern ein Dorn im Auge ist, machte auch die "Global Times" deutlich, die vom kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird. "Clubhouse ist kein Zufluchtsort für freie Meinungsäußerung", titelte das Blatt. Ohnehin sind in China soziale Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram sowie selbst Google und viele ausländische Medien-Webseiten gesperrt.
China-Experten berichteten unter anderem von offenen und "emotionalen" Diskussionen zwischen Uiguren und Vertretern der Mehrheit der Han-Chinesen. "Ich bin in einem von Taiwanern geführten Raum im Clubhouse, wo 4000 Mandarin-Sprachige - einschließlich Uiguren und Han-Chinesen in China und außerhalb - über ... alles reden", twitterte die in Berlin lebende Journalistin Melissa Chan. "Von Überwachung, über Freunde, die gerade Umerziehungslager hinter sich haben bis hin zu alltäglichem Kram".
Chinesische Plattformen wie Weibo oder Wechat sind streng zensiert. Clubhouse stand schon seit Oktober nicht mehr im chinesischen Apple-Store zur Verfügung. Trotzdem erfreute sich die App steigender Beliebtheit. Nutzer umgingen die in China üblichen Internetsperren und benutzten ausländische Apple-IDs, um das Programm herunterzuladen. Nach der offenbar am Montagabend Ortszeit verhängten Sperre wurde berichtet, dass auch Prüfcodes für Einladungen auf chinesischen Telefonnummern nicht mehr empfangen werden konnten.
Eine Teilnahme in einer Clubhouse-Diskussion erfolgt nur auf Einladung. Solche konnten allerdings auch im chinesischen Internet für bis zu 300 Yuan, umgerechnet 38 Euro, gekauft werden. Beobachter äußerten ihre Sorge, dass sich viele Nutzer in China mit ihrer chinesischen Handynummer registriert haben, die mit der persönlichen Identifikationsnummer verbunden ist. Die chinesische Staatssicherheit könnte damit Teilnehmer an heiklen Diskussionen ausfindig machen.
Quelle: ntv.de, jki/dpa/AFP