"Finger in die Wunde legen" China weist Bundestagsausschuss ab
03.08.2019, 18:23 Uhr
Der Bundestagsausschuss wollte unter anderem nach Tibet.
(Foto: imago images / ZUMA Press)
Die Lage religiöser Minderheiten in China hat sich der Menschenrechtsausschuss des Bundestags zum Schwerpunkt in diesem Jahr gemacht. Nun wollten sich die Mitglieder ein Bild der Lage machen. Doch Peking stellt sich quer.
Der Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestags kann nicht wie geplant im September nach China reisen. Das teilte der Sprecher für Menschenrechte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand, mit. "Die Reise kann nicht stattfinden, weil China sich weigert, den Ausschuss einreisen zu lassen."
Die Delegationsreise des Ausschusses war seit Monaten geplant und sollte den Angaben zufolge nach Peking, Lhasa in der autonomen Region Tibet und Urumqi in der westlichen Provinz Xinjiang führen. Das Schwerpunktthema des Menschenrechtsausschusses im Jahr 2019 ist die "Lage der religiösen Minderheiten in China".
Zuvor war bekannt geworden, dass auch eine Reise des Bundestagsausschusses Digitale Agenda wegen der Ablehnung einer Grünen-Abgeordneten durch Peking in Frage steht. "Es geht darum, ein Exempel zu statuieren gegen Menschen, die sich trauen, das Thema Menschenrechte klar anzusprechen und die Finger in die Wunde zu legen", sagte Brand weiter.
Menschenrechtsorganisationen und ausländische Regierungen schätzen, dass allein in den vergangenen drei Jahren in Xinjiang mehr als eine Million Menschen in Umerziehungslager gesteckt wurden. In aller Regel gehören sie zu den muslimischen Minderheiten. Die Mehrzahl der Inhaftierten sind Uiguren.
Viele der etwa zehn Millionen Uiguren fühlen sich kulturell, politisch und religiös benachteiligt. Peking wirft den Uiguren dagegen vor, für Anschläge und Unruhen verantwortlich zu sein. Die meisten der fünf bis sieben Millionen Tibeter in China sind Buddhisten und leben in der autonomen Region Tibet im Hochland des Himalaya. Der völkerrechtliche Status des Gebiets ist umstritten, die tibetische Regierung mit dem Dalai Lama lebt im indischen Exil. Chinas Führung unterdrückt Unabhängigkeitsbestrebungen.
"Inakzeptabler Vorgang"
Peking akzeptiert nach Angaben aus der Grünen-Fraktion nicht, dass ihre Abgeordnete Margarete Bause auf der Delegationsliste des Ausschusses Digitale Agenda steht. Auch Bause tritt seit längerem für die Menschenrechte der Uiguren in China ein. "Die Ansage der chinesischen Seite, solange ich auf der Delegationsliste stehe, könne der Ausschuss nicht nach China reisen, ist ein absolut inakzeptabler Vorgang", sagte Bause. "«Ich verstehe das als Versuch, Abgeordnete, die sich laut und deutlich für Menschenrechte einsetzen, zum Schweigen zu bringen." Der Bundestag dürfe dieses Vorgehen Chinas nicht hinnehmen.
Die Reise des Ausschusses sollte nach bisherigen Planungen vom 23. August bis 1. September stattfinden. Geplant sind Gespräche in Peking und Shanghai. Die Ausschussmitglieder wollten unter anderem Start-ups und einen Themenpark für Künstliche Intelligenz besuchen. Bause sollte als "temporäres" Mitglied des Ausschusses für ihren Fraktionskollegen und Ausschuss-Obmann Dieter Janecek an der Reise teilnehmen.
Bause machte in einem Brief an den Vorsitzenden des Ausschusses deutlich, dass für sie und ihre Fraktion keine Veranlassung bestehe, auf die Reise zu verzichten. Sie wolle weiterhin daran als Teil der Ausschussdelegation teilnehmen. Das Vorgehen werde auch von der Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann uneingeschränkt geteilt.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa