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Ex-Bundespräsident bei Lanz Das wird Gauck Kanzler Scholz "nicht vergessen"

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Der parteilose Gauck war von 2012 bis 2017 deutscher Bundespräsident.

Der parteilose Gauck war von 2012 bis 2017 deutscher Bundespräsident.

(Foto: IMAGO/Sven Simon)

Dass Kanzler Scholz eine "Zeitenwende" ankündigt, hätte der ehemalige Bundespräsident Gauck nicht für möglich gehalten. Bei der Unterstützung für die Ukraine müsse Deutschland aber noch deutlich nachlegen, mahnt er bei Markus Lanz im ZDF.

Mehr Waffen für die Ukraine - schneller und intensiver. Das hat der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck bei Markus Lanz im ZDF gefordert. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Monaten schon viel geleistet, sagte Gauck. "Aber wenn ich mich in die Schuhe der Opfer einer blutigen Aggression stelle und wenn ich das geringe Maß unserer aktiven Hilfe sehe, dann ist es das, was mir zu wenig ist. Da muss noch was geschehen", so Gauck.

Gauck sagte, er habe den Bundeskanzler für seine Rede zur Zeitenwende im Bundestag bewundert. "Das war etwas, das mich mit Stolz erfüllt hat", sagte Gauck. Er habe nicht für möglich gehalten, dass "aus dieser Koalition heraus" eine solche Ansage gemacht würde. "Das werde ich ihm nicht vergessen, dass er diese Kraft gehabt hat." Doch auch die Wende in der Meinung der Bevölkerung habe Gauck nicht erwartet: "Dass Deutschland akzeptiert, dass wir uns verteidigen müssen, das ist ja neu." Bei der Jugend sei oft ein "moralischer Überschuss" zu beobachten. Das sei gut so. Die Jugend wolle erhalten, was ihr lieb und teuer sei. "Dann ist dieses möglichst schnelle Weglaufen eine unmoderne Haltung; ich hoffe, dass das so bleibt."

Die aktuelle Lage in Deutschland sei ernst, findet Gauck. "Aber ich teile nicht die düsteren Prognosen, dass wir Unruhen auf den Straßen haben werden." Das verhinderten Politiker wie Wirtschaftsminister Robert Habeck, die erklären könnten, "warum wir was machen".

Genauso müsste auch die deutsche Bevölkerung Farbe bekennen, forderte der ehemalige Bundespräsident: "Sind wir die, die sich hervortun wollen durch stumpfe Wahrnehmung und kalte Herzen? Oder sind wir die, die mit einem überlebenden Opfer solidarisch sein wollen? Wie wollen wir uns als Menschen in die Augen schauen? Wie wollen wir unsere Bindung an die Menschenrechte oder an die regelbasierte Ordnung bezeugen? Doch nicht durch Nichtstun."

Um die Menschenrechte zu verteidigen, könnten die Menschen bei uns ertragen, wenn die Temperaturen in den Wohnungen etwas heruntergedimmt werden, so Gauck weiter.

"All das debattieren wir in einem Sozialstaat"

Gleichzeitig findet Gauck, die Menschen in Deutschland dürften von sich selber nicht zu gering denken: "Wir sind nicht nur die, die Wirtschaftswunder können. Wir sind auch die, die auch mal die Zähne zusammenbeißen, wenn wir damit anderen Menschen helfen können." Es gehe nicht um die Furcht, das Leben könne misslingen, sondern darum, dass vielleicht ein paar Träume nicht verwirklicht werden könnten, "wo wir vielleicht nur einmal statt zweimal in den Urlaub fahren können."

All diese Fragen debattierten wir in einem Sozialstaat. Darauf wies Gauck zum Schluss hin. "Wir haben bislang keine Signale dafür, dass die Ärmsten, denen es schwerfällt zu sparen, aus dem Blick geraten." Die Regierung werde sich auch weiter um arme Menschen kümmern - da sei Furcht deplatziert.

Quelle: ntv.de

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