Politik

Machtkampf in Renzis Partei Der "Schrott" erwägt den Abgang

Matteo Renzi ist sein letztes politisches Amt losgeworden. Wie seine politische Karriere weitergeht? Ungewiss.

Matteo Renzi ist sein letztes politisches Amt losgeworden. Wie seine politische Karriere weitergeht? Ungewiss.

(Foto: imago/Insidefoto)

Die italienischen Sozialdemokraten liefern sich einen Dauerkrieg. Der linke Flügel droht mit der Spaltung und Matteo Renzi pokert wieder einmal ganz hoch.

Matteo Renzi hat zum zweiten Mal den Schwamm geworfen, wie man in Italien sagt. Am 4. Dezember war er nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum als Regierungschef zurückgetreten. Am Sonntag legte er vor den 650 in Rom versammelten Delegierten des Partito Democratico (PD) auch das Amt des Parteivorsitzenden nieder. Wer aber daraus schließt, dass Renzi aufgibt, der liegt falsch.

Im Gegenteil: Renzi pokert wieder einmal, um sich nach dem Parteikongress im Mai wieder an die Spitze des PD zu hieven. Oder zumindest an die Spitze dessen, was dann davon übrig ist. Der linke Flügel steht nämlich seit geraumer Zeit auf Kriegsfuß mit ihm. Eine Spaltung des PD könnte bevorstehen.

Es ist vor allem die alte Riege, die aus ehemaligen Mitgliedern der Kommunistischen Partei (PCI) besteht, die ihm seit jeher mit Argwohn begegnet. Offiziell sind sie gegen seine zu liberalen Reformen, besonders gegen die Arbeits- und Schulreform. Doch der wahre Grund dieser seit Jahren andauernden Feindschaft ist weit mehr persönlich als ideologisch: Sie waren die ersten Opfer der von Renzi verordneten "Verschrottungskampagne". Das haben sie ihm nie verziehen. Seit Monaten drohen sie, die Partei zu verlassen. Jetzt scheinen sie aber ernst zu machen. Oder nicht? Wer weiß, vielleicht einigt man sich doch noch in letzter Minute hinter den Kulissen.

Zwei neue Parteien: eine links und eine rechts

Kämpferisch und tief zerstritten waren die internen Flügel des PD schon immer – damit fügt sich die Partei in die Tradition der europäischen Sozialdemokraten ein. Eine Spaltung hatte aber bis vor ein paar Jahren, bis zu den Parlamentswahlen 2013, niemand in Erwägung gezogen. Nur: Früher waren die politischen Fronten eindeutig. Es gab ein Mitterechtslager und es gab ein Mittelinkslager. Doch mit den Wahlen vor vier Jahren hat sich auch ein drittes Lager auf der parlamentarischen Bühne etabliert, die populistische 5-Sterne-Bewegung. Und alle drei sind ungefähr gleich stark.

Italiens politische Landschaft ist also wieder im Umbruch, vom Mehrheitssystem geht es zurück zum Proporz. Wer nach den nächsten Wahlen regieren will, muss einen oder mehrere Koalitionspartner mit an Bord nehmen. Der linke Flügel des PD befürchtet, und zwar zu Recht, Renzi könnte auch mit Silvio Berlusconi, der noch immer Chef seiner Partei Forza Italia ist, gemeinsame Sache machen. Für die Ex-Kommunisten ein Horrorszenario.

Da trifft es sich gut, dass am Sonntag eine neue Partei, Sinistra Italiana, die italienische Linke, aus der Taufe gehoben wurde. In dieser haben linke Splitterparteien ein neues, gemeinsames Zuhause gefunden. In die Sinistra Italiana könnten eventuell auch die PD-Abtrünnigen eintreten. Oder sie verbünden sich mit dem ehemaligen Bürgermeister von Mailand, Giuliano Pisapia, der gerade an einem neuen "soggetto politico", einem politischen Subjekt, bastelt.

Ob die Renzi-Gegner im PD bleiben, wird davon abhängen, wie viel Macht sie bekommen. Ihre Überlegung ist so einfach wie banal: Bleibt man bei Renzi, riskiert man, von ihm immer mehr an den Rand gedrängt zu werden. Geht man, hat man bei der Bildung künftiger Regierungskoalitionen weitaus mehr Chancen, Bedingungen zu stellen. Ein Kalkül, das auch den Splitterparteien des ehemaligen Berlusconi-Lagers nicht fremd ist. Auch dieses politische Spektrum hat am Sonntag mit der Gründung der rechtsnationalen Bewegung "Movimento Sovranita" Zuwachs bekommen.

Was geschieht aber mit der Regierung, sollte es wirklich zu einer Spaltung im PD kommen? Premier Paolo Gentiloni gehört zu Renzis Verbündeten und seine Ministerriege steht geschlossen hinter ihm. Anders sieht es in den zwei Parlamentskammern aus, Senat und Abgeordnetenhaus, wo 15 beziehungsweise 20 Parlamentarier in Zukunft der Regierung die Unterstützung verweigern und sie zu Fall bringen könnten. Zudem könnten viele Wähler denken wie ein Leser der Tageszeitung "La Repubblica", der in einer Mail an das Blatt schreibt: "Ein Leben lang habe ich Links gewählt. Das nächste Mal wähle ich aber die 5-Sterne-Bewegung. Es ist ein schmerzhafter, aber unvermeidbarer Entschluss. Denn eine Partei, die nur von sich selber besessen ist, kann ich nicht mehr wählen."

Quelle: ntv.de

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