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Dobrindt will Regierungswechsel "Deutschland steht am Kipppunkt"

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Alexander Dobrindt ist seit September 2017 Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.

Alexander Dobrindt ist seit September 2017 Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.

(Foto: picture alliance/dpa)

Markus Söder bietet dem Bundeskanzler offen einen gemeinsamen Neustart an. Gerüchteweise besprechen erste Zirkel in SPD wie Union schon seit Tagen eine "Deutschlandpakt-Regierung". Ob das stimmt und wie das gedacht ist, erklärt der CSU-Chef im Bundestag, Alexander Dobrindt.

ntv.de: Herr Dobrindt, der Vorstoß von Markus Söder klingt wie ein Donnerschlag für die Republik. Wie ernst ist das Angebot einer Deutschlandpakt-Regierung gemeint?

Alexander Dobrindt: Sehr ernst. Denn die Lage Deutschland ist bitterernst. Die beiden jüngsten Landtagswahlen haben wie eine kleine Bundestagswahl gewirkt. Der Absturz der Ampel-Parteien war brutal, der Aufstieg der AfD ein Fanal für unsere Demokratie. Alle Demokraten müssen jetzt erkennen, dass die Lage in Deutschland an einen politischen Kipppunkt geraten ist. Wenn wir bundespolitisch jetzt nicht rasch und konsequent umsteuern, dann droht uns bei der Europawahl, dass die AfD stärkste Partei werden kann. Die Republik gerät, auch wegen der äußeren Katastrophen, die uns destabilisieren, aus den Fugen - und die Bevölkerung drückt ihre bittere Sorge in Umfragen und Wahlen aus. Das spüren alle vernünftigen Verantwortlichen in Berlin über die Parteigrenzen hinweg. Politiker der Ampel sagen es inzwischen so offen wie wir von der CDU/CSU: So kann die Regierung nicht weitermachen, sonst gefährden wir etwas ganz Fundamentales in Deutschland.

Die Regierung macht aber eher den Eindruck, dass sie weitermachen will. Keine der Ampel-Parteien hat doch Interesse an einem Platzen der Koalition und Neuwahlen. Daher ist ein Bruch der Regierung doch ganz unwahrscheinlich?

Die Grünen wollen diese Ampel mit Sicherheit bis ans bittere Ende durchhalten. Die FDP ist am Rande der Verzweiflung, sinkt unter die Fünf-Prozent-Marke und läuft mit Blick auf die Wahlen 2025 ins offene Verderben. Doch ich glaube nicht, dass Christian Lindner den 1981er Schritt von Otto Graf Lambsdorff macht und ein zweites "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche" vorlegt. Der SPD und dem Bundeskanzler aber würde ich zutrauen, dass sie etwas Fundamentales ändern könnten. Die Ankündigung eines Deutschlandspaktes ist ein richtiger Schritt dazu. Wir haben dabei unsere Zusammenarbeit angeboten, um die Migrationskrise gemeinsam zu lösen und einen Stopp der illegalen Migration zu erreichen. Die ersten Gespräche waren konstruktiv. Seitdem schweigt der Kanzler dazu. Wir brauchen jetzt rasche und große Entscheidungen. Mit den Grünen geht das nicht, wir aber wären dazu bereit.

Ausgerechnet die SPD soll den Neustart wagen?

Die SPD ist zwar bräsig, aber auch eine macht- und regierungserfahrene Partei. Ihre Spitzen wissen, dass bei einem Weiterwurschteln in der Ampel nicht nur die Rechtspopulisten weiter wachsen. Auch der SPD droht mit der Ampel ein historischer Schaden. Die Wahlergebnisse in Bayern und Hessen sind dramatisch und ein Vorgeschmack auf das, was im kommenden Jahr bei der Europawahl und den Wahlen im Osten droht.

Angenommen, der Kanzler ergreift die Hand der CSU, wie würde denn die CDU darauf reagieren? Ist man wirklich bereit, unter einem Kanzler Scholz in eine Regierung einzutreten?

Zunächst einmal wollen wir, dass die schwere Krise unserer Republik, vor allem in der Migrationsfrage, gelöst wird und substanzielle Entscheidungen getroffen werden. Und wir auch den Industriestandort Deutschland gemeinsam verteidigen. CDU und CSU reichen bei diesen Fragen dem Kanzler die Hand. Wir haben sein Deutschlandpakt-Angebot daher angenommen. Es ist jetzt nicht die Zeit für parteipolitische Spielchen. Dafür ist die Lage zu ernst. Ich erlebe gerade auch Friedrich Merz in dieser Lage als hoch verantwortungsvoll. Wenn es dem Land dient, dann sind wir zu Kooperationen bereit. Deutschland braucht jetzt dringend eine neue Agenda für Sicherheit und Wohlstand. Vor allem die Migrationskrise erschüttert unser Land im Innersten - hier gibt es akuten Handlungsbedarf und die Ampel ist nicht in der Lage, das Ruder herumzureißen, vor allem weil die Grünen in dieser Frage blockieren. Die SPD wird sich daher fragen müssen, ob sie mit dem Mühlstein der Grünen untergehen und die Republik in eine Krise stürzen will.

Übertreiben Sie da nicht?

Die Migrationskrise duldet wirklich keinen Aufschub mehr. Wenn das Thema nicht rasch eine Lösung bekommt, wird Deutschland fundamental destabilisiert und kippt immer weiter nach rechts.

Mit Alexander Dobrindt sprach Wolfram Weimer

Quelle: ntv.de

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