Regent Fitzek festgenommen Dobrindt verbietet Verein "Königreich Deutschland"
13.05.2025, 07:09 Uhr Artikel anhören
Im Jahr 2012 hatte Peter Fitzek sein "Königreich" ausgerufen. Es ist der derzeit größte Verein in der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Das im Jahr 2012 ausgerufene "Königreich Deutschland" klingt wie ein schlechter Scherz, doch Innenminister Dobrindt macht dem Spaß nun ein Ende: Die nach Angaben der Regierung größte Vereinigung der sogenannten Reichsbürger- und Selbstverwalterszene wird verboten, der "Monarch" festgenommen.
Wenige Tage nach seinem Amtsantritt hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die aktuell größte Gruppierung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter verboten. Der Verein nennt sich "Königreich Deutschland" und soll bundesweit etwa 6000 Anhänger haben. Nach Angaben des Innenministeriums durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei ab den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Die Bundesanwaltschaft ließ Fitzek und weitere mutmaßliche Rädelsführer im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen festnehmen. Fitzek habe als "sogenannter Oberster Souverän" der Gruppierung "die Kontrolle und Entscheidungsgewalt in allen wesentlichen Bereichen" ausgeübt, teilte die Behörde in Karlsruhe mit. Sie habe das Verfahren gegen die mutmaßliche Führungsebene der Organisation wegen der besonderen Bedeutung übernommen.
Demnach geht es um den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte. Die Festnahmen erfolgten demnach in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Brandenburg. Haftbefehle gegen zwei Beschuldigte wurden laut Bundesanwaltschaft durch den Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe in Vollzug gesetzt, die Vorführung Fitzeks läuft noch. Die Vorführung des vierten Beschuldigten ist für Mittwoch geplant. Mit Blick auf die mutmaßlichen Rädelsführer habe die oberste Anklagebehörde in Deutschland die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung an sich gezogen, erklärte die Sprecherin.
Dobrindt: Fitzek schuf "Gegenstaat"
"Die Mitglieder dieser Vereinigung haben einen 'Gegenstaat' in unserem Land geschaffen und wirtschaftskriminelle Strukturen aufgebaut", sagte Dobrindt laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Ihren vermeintlichen Herrschaftsanspruch untermauerten die Mitglieder der Vereinigung durch antisemitische Verschwörungserzählungen. Dieses Verhalten könne ein Rechtsstaat nicht dulden.
"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sogenannte Reichsbürger erkennen demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte nicht an. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Manche "Reichsbürger" sehen sich als Staatsoberhäupter ihres eigenen kleinen Reiches.
Eigene "Gesetze", Bank und Versicherung
Das "Königreich Deutschland" gilt derzeit als mitgliederstärkste Vereinigung aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene insgesamt im Jahr 2023 rund 25.000 Anhänger zu. Für Schlagzeilen sorgte in den vergangenen Monaten vor allem die "Reichsbürger"-Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß, die einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung geplant und dabei bewusst Tote in Kauf genommen haben soll. Am Oberlandesgericht Frankfurt wird gegen die Gruppe verhandelt. Parallel dazu laufen Verfahren in München und Stuttgart.
Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.
Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)
"Wesensprägend für das 'Königreich Deutschland' ist eine dezidierte profitorientierte Ausrichtung", teilt das Bundesinnenministerium mit. Über Teilorganisationen würden seit Jahren unerlaubte Bank- und Versicherungsgeschäfte betrieben. Peter Fitzek, gebürtig aus Halle in Sachsen-Anhalt, hatte sich selbst zum Staatsoberhaupt erklärt. Er stand bereits mehrfach vor Gericht und wurde verurteilt. Vorgeworfen wurde ihm unter anderem, ohne Führerschein gefahren zu sein oder illegale Bankgeschäfte getätigt zu haben. Im März wurde ein Urteil des Amtsgerichts Wittenberg rechtskräftig, das Fitzek wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt hatte.
Laut Generalbundesanwalt bestimmte Fitzek als "Oberster Souverän" die ideologische Ausrichtung der Gruppierung und erließ eigene "Gesetze". Zwei weitere Festgenommene bildeten demnach als seine Stellvertreter die oberste Leitungsebene. Der vierte Mann sei für die Finanzen zuständig gewesen.
Mit dem Verbot geht laut Bundesinnenministerium die Beschlagnahmung des Vermögens sowie die Sperrung der Online-Plattformen des Vereins einher. Sichergestellt wurden den Angaben zufolge "weitere Beweismittel für die verfassungsfeindlichen Ziele und Aktivitäten des Vereins". Unter anderem wurden drei Vereinsimmobilien, zahlreiche Fantasiedokumente, Vereinsunterlagen, Bargeld, Landmaschinen und Fahrzeuge beschlagnahmt.
Das nun ausgesprochene Vereinsverbot sei das Ergebnis einer engen Kooperation mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, weiteren Bundesbehörden und den Ländern, teilte das Bundesinnenministerium mit.
Quelle: ntv.de, jog/AFP