Wutausbruch nach dem TV-Duell Donald Trump attackiert Paul Ryan
10.10.2016, 22:33 Uhr
"Nicht den republikanischen Kandidaten zu bekämpfen": Donald Trump erklärt seinem Parteikollegen, was zu tun ist.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Am Tag nach dem Schlagabtausch mit Hillary Clinton liegen die Nerven bei Donald Trump offenbar noch immer blank: Der Republikaner feuert eine verbale Breitseite in die eigenen Reihen ab. Das Ziel seiner Wut: sein mächtigster Parteifreund.
Der US-Wahlkampf erreicht eine neue Stufe: Donald Trump hat in einer offenbar spontanen Reaktion einen seiner wichtigsten Unterstützer aus den eigenen Reihen scharf angegriffen.
"Paul Ryan sollte mehr Zeit mit einem ausgeglichenen Haushalt, Arbeitsplätzen und illegaler Einwanderung verbringen und sie nicht damit verschwenden, den republikanischen Kandidaten zu bekämpfen", teilte Trump in einer Twitter-Botschaft mit. Auslöser für Trumps harschen Worte war offenbar Ryans Kritik an Trumps vulgären und frauenverachtenden Äußerungen.
Der laufende Wahlkampf um das höchste politische Amt der Vereinigten Staaten galt zuvor schon als ungewöhnlich grobschlächtig und schmutzig. Mit der Verbalattacke Trumps gegen Ryan droht sich Trumps Schlammschlacht-Strategie nun auch gegen die eigene Partei zu richten.
Die Kritik an dem Parteikollegen könnte nach hinten losgehen: Ryan ist Sprecher des Repräsentantenhauses und damit der derzeit einflussreichste Vertreter der Republikaner. Nach der Veröffentlichung eines Skandalvideo aus dem Jahr 2005 hatte sich Ryan von Trump distanziert.
Republikaner werden nervös
Die Absetzbewegungen in der eigenen Partei konnte Trump mit seinem aggressiven Auftritt im zweiten TV-Duell gegen Hillary Clinton nicht aufhalten. Kurz nach der Debatte verkündete Ryan, dass er keinen gemeinsamen Wahlkampf mit Trump mehr machen wolle. Die Veröffentlichung eines Videos mit obszönen Auslassungen über Frauen hatte Trumps Kampagne wenige Tage vor dem TV-Auftritt einen schweren Rückschlag versetzt. Noch im Mai hatte sich Ryan demonstrativ an die Seite Trumps gestellt.
Unter den Republikanern wachsen seither die Sorgen, dass die gesamte Partei von Trump in einen Abwärtsstrudel aus Angriffen, Skandalen und rücksichtlosen Rundumschlägen gerissen werden könnte - und als Folge nicht nur die Präsidentenwahl, sondern auch die am 8. November gleichzeitig stattfindenden Kongresswahlen verloren gehen könnten.
Kein gemeinsamer Wahlkampf mehr?
Ryan sagte in einer Telefonkonferenz mit Abgeordneten, er werde Trump nicht mehr verteidigen und nicht mehr mit ihm auftreten. Wie ein Teilnehmer der Konferenz berichtete, kündigte der ranghöchste Amtsträger der Republikaner an, dass er sich nun voll darauf konzentrieren wolle, die Mehrheiten seiner Partei in Repräsentantenhaus und Senat zu verteidigen.
Die kolportierten Äußerungen deuten darauf hin, dass Ryan das Rennen um das Weiße Haus offenbar schon abgeschrieben hat. Ryan wolle verhindern, dass Clinton als Präsidentin durch einen von den Demokraten kontrollierten Kongress einen "Blankoscheck" bekomme, hieß es. Seine offizielle Unterstützung für Trump zog Ryan allerdings nicht zurück.
In der wohl aggressivsten Debatte in der Geschichte der TV-Duelle zwischen US-Präsidentschaftskandidaten hatte Trump am Vorabend nur eine halbherzig wirkende Entschuldigung für seine Vulgaritäten abgeliefert. Er "schäme" sich dafür, doch handle es sich um bloßes "Umkleidekabinen-Gerede". Erst auf Nachfrage des Moderators bestritt er, die geschilderten Übergriffe tatsächlich begangen zu haben.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa