"War Netanjahus Entscheidung" Trump versucht, nach Katar-Angriff die Wogen zu glätten
10.09.2025, 01:57 Uhr Artikel anhören
Trump pflegt gute Beziehungen zu Katar, und er will, dass das so bleibt.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Für die US-Regierung kam der israelische Angriff auf die Hamas-Spitze in Katar nicht völlig überraschend. Von Israel soll Trump die Information aber nicht bekommen haben. Man habe Doha auch noch gewarnt, so das Weiße Haus.
US-Präsident Donald Trump äußert sein Bedauern darüber, dass Katar Ort eines israelischen Angriffs auf die islamistische Hamas geworden ist. Der Republikaner betrachte Katar als engen Verbündeten und Freund der USA, teilte das Weiße Haus mit. In einer Stellungnahme, die Regierungssprecherin Karoline Leavitt verlas, hieß es, eine "einseitige Bombardierung innerhalb Katars als souveränem Staat und engem Verbündeten der Vereinigten Staaten", diene weder Israels noch Amerikas Zielen. Das Land habe sich gemeinsam mit den USA "engagiert und mutig" für den Frieden eingesetzt. Der Präsident wolle, dass der Krieg ende und alle Geiseln aus dem Gazastreifen freigelassen würden.
Nach Angaben des Weißen Hauses wurde die US-Regierung vom US-Militär informiert, dass Israel die islamistische Hamas angreifen werde, die sich "leider" in einem Teil von Doha aufhalte. Trump habe darauf seinen Sondergesandten Steve Witkoff angewiesen, Katar über den anstehenden Angriff zu informieren. Leavitt betonte zugleich, dass die Beseitigung der Hamas, die vom Elend der Menschen in Gaza profitiert habe, ein erstrebenswertes Ziel sei.
Katar widersprach dieser Darstellung der Ereignisse. Ein US-Regierungsvertreter habe erst in dem Moment in Katar angerufen, als die Explosionen bereits zu hören waren, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums Madschid al-Ansari. Dazu schrieb der US-Präsident später in einem Post auf seiner Plattform Truth Social, dass Witkoff Katar informiert habe. Es sei aber zu spät gewesen, um den Angriff aufzuhalten.
Trump: Allein Netanjahu hat entschieden
Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter und größter Waffenlieferant. Trump selbst betont jedoch, er habe den Angriff nicht gebilligt. "Diese Entscheidung wurde von Ministerpräsident Netanjahu getroffen, nicht von mir", schrieb er auf Truth Social. Laut Regierungssprecherin Leavitt hat Trump auch mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und mit Vertretern Katars gesprochen. Letzteren habe er versichert, dass so etwas auf ihrem Boden nicht wieder vorkommen werde. Trump schrieb später auf Truth Social, dass er seinen Außenminister Marco Rubio angewiesen habe, eine Verteidigungszusammenarbeit mit Katar abzuschließen. Mehr Angaben machte er dazu nicht.
Israels Armee hatte nach eigenen Angaben die Führungsspitze der islamistischen Hamas in Katars Hauptstadt Doha angegriffen. Nach Angaben der Hamas soll der höchstrangige Anführer im Ausland, Chalil al-Haja, überlebt haben. Ein Sohn al-Hajas sowie dessen Büroleiter seien aber getötet worden, sagte ein Hamas-Mitglied gegenüber dem katarischen Nachrichtenkanal Al-Dschasira. Auch andere arabische Medien mit Nähe zu Katar berichteten dies.
Unklar, ob Katar weiter vermittelt
Katar verurteilte den Angriff scharf. Es handle sich um einen "eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen" und eine "ernsthafte Gefahr für die Sicherheit" der Bevölkerung in Katar, so der Sprecher des Außenministeriums Madschid al-Ansari. Sein Land setzte vorerst seine Rolle als Vermittler zwischen den beiden Konfliktparteien, Israel und Hamas, im Gaza-Krieg aus. Katar hat bislang zusammen mit Ägypten und den USA zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran.
Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sagte hingegen auf die Frage eines Journalisten, sein Land werde sich weiterhin an den Verhandlungen beteiligen. Das Vermitteln sei "ein fester Bestandteil der Identität" des Landes, nichts werde Katar "davon abhalten, diese Rolle in allen Fragen, die uns in der Region betreffen, weiterhin wahrzunehmen", so Al Thani. Nach seinen Worten behält sich das Golfemirat eine Reaktion auf den "eklatanten Angriff" vor, der ein "entscheidender Moment" für die Region sei. Al Thani forderte eine "Antwort aus der gesamten Region auf solch barbarische Handlungen".
Merz: Vorgehen "nicht akzeptabel"
Riad bekundete volle Solidarität mit Katar. Saudi-Arabiens Kronprinz und faktischer Herrscher, Mohammed bin Salman, bekräftigte, dass das Königreich alle Mittel einsetze, um Katar bei der Wahrung seiner Sicherheit und Souveränität zu unterstützen. Ägypten forderte die internationale Gemeinschaft auf, zu handeln und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Jordaniens Außenminister Aiman al-Safadi sagte auf X, der Angriff stelle einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Der Angriff sei eine Fortsetzung der "brutalen israelischen Aggression", die die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region gefährde.
Auch die EU-Kommission erklärte, der Angriff verstoße gegen das Völkerrecht. "Jede Eskalation des Gaza-Krieges muss verhindert werden, da niemand ein Interesse daran hat", sagte ein Sprecher. Bundeskanzler Friedrich Merz telefonierte mit Al Thani. Dabei bezeichnete der Kanzler die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars als "nicht akzeptabel", wie Regierungssprecher Stefan Kornelius mitteilte. Der britische Premierminister Keir Starmer schrieb bei X: "Priorität müssen ein sofortiger Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und eine massive Aufstockung der Hilfsleistungen für den Gazastreifen sein."
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa