Auszeichnung für Demokratie EU-Parlament würdigt Ukrainer mit Sacharow-Preis
19.10.2022, 18:23 Uhr
Ein Mädchen aus Cherson hält eine ukrainische Nationalflagge während einer Kundgebung in Odessa.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Im Rennen um den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments setzt sich das ukrainische Volk unter anderem gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange durch. Insbesondere die Verteidiger der Ukraine und die Geflüchteten sollen laut Parlamentspräsidentin Metsola geehrt werden.
Das Europäische Parlament hat den diesjährigen Sacharow-Preis für Demokratie und Menschenrechte an das ukrainische Volk vergeben. "Diese Auszeichnung ist für die Ukrainer, die vor Ort kämpfen, für diejenigen, die fliehen mussten, für diejenigen, die Verwandte und Freunde verloren haben", sagte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in Straßburg.
Die Auszeichnung für das ukrainische Volk, vertreten durch seinen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und weitere gewählte Vertreter sowie die Zivilgesellschaft, ist mit 50.000 Euro dotiert. Den Preis verleiht das EU-Parlament am 14. Dezember in Straßburg während der letzten Plenarsitzung des Jahres. Selenskyj schrieb nach der Preisverleihung bei Twitter: "Die Ukrainer beweisen jeden Tag auf dem Schlachtfeld gegen den terroristischen Staat der Russischen Föderation, dass sie sich den Werten der Freiheit und der Demokratie verschrieben haben."
EU-Parlamentspräsidentin Metsola, die nach Kriegsbeginn in die Ukraine gereist war, sagte, dass "niemand diesen Preis mehr verdient" habe. "Ich weiß, dass das mutige ukrainische Volk nicht nachgeben wird, und wir auch nicht", sagte Metsola. Die Ukrainer riskierten ihr Leben, "um die Werte zu schützen, an die wir alle glauben: Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit".
"Eine hochsymbolische Geste"
Der stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, der Portugiese Pedro Marques, sagte: "Da der Preis nach dem russischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt ist, ist es eine hochsymbolische Geste, ihn der Ukraine in diesem kritischen Moment des Kampfes gegen die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin initiierte Invasion zu verleihen." Im vergangenen Jahr war der inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny mit dem Preis ausgezeichnet worden. Seine Tochter hatte stellvertretend für ihn den Preis, der nach dem 1989 verstorbenen sowjetischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannt ist, in Straßburg entgegengenommen.
Der französische Abgeordnete und Vorsitzende der Fraktion Renew Europe, Stéphane Séjourné, kommentierte: "Wer sonst als das ukrainische Volk hat den demokratischen Werten in unserer heutigen Zeit so viel gegeben?" Der CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler erklärte: "Heute erkennen wir die Leistung des ukrainischen Volks für unsere universellen und europäischen Werte an". Die konservative EVP-Fraktion, die Sozialdemokraten, die Liberalen sowie die nationalistischen Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) hatten jeweils die ukrainische Bevölkerung oder Selenskyj nominiert.
Die Linken-Fraktion hatte die kolumbianische Wahrheitskommission nominiert. Die Kommission arbeitete von 2017 bis Juni dieses Jahres Menschenrechtsverletzungen während des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts zwischen der Guerillaorganisation Farc, rechten paramilitärischen Gruppen und der Armee in Kolumbien auf. Neun Millionen Menschen waren nach offiziellen Angaben direkt von der Gewalt betroffen und wurden vertrieben, getötet oder gelten als vermisst.
Der in Großbritannien inhaftierte Assange wurde von einer Gruppe von 41 Abgeordneten nominiert. Ihm droht in den USA eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren, weil er ab 2010 auf der Website Wikileaks rund 700.000 vertrauliche Dokumente zu Aktivitäten des US-Militärs im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte. Darunter befanden sich brisante Informationen zur Tötung von Zivilisten und der Misshandlung von Gefangenen.
Quelle: ntv.de, lve/AFP