Politik

Lange vor 4U9525 EU kritisierte Kontrollen der Flugtauglichkeit

Die Behörden kontrollieren die Ausstellung von Flugtauglichkeitsbescheinigungen für Piloten offenbar zu wenig.

Die Behörden kontrollieren die Ausstellung von Flugtauglichkeitsbescheinigungen für Piloten offenbar zu wenig.

(Foto: imago/blickwinkel)

Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine stehen die Kontrollen zur Flugtauglichkeit von Piloten auf dem Prüftstand. Brüssel warnte jedoch schon vor Monaten, dass die deutsche Praxis unzureichend sei. Nun droht möglicherweise sogar eine EU-Klage.

Schon Monate vor dem Absturz der Germanwings-Maschine hat die EU-Kommission Deutschland wegen einer zu laschen Aufsicht über die Flugtauglichkeit von Piloten gerügt. Bereits im November vergangenen Jahres schickte die EU-Behörde einen Brief an Deutschland mit der Aufforderung, das zuständige Luftfahrtbundesamt (LBA) müsse die Airlines bei den Gesundheitschecks schärfer überwachen. Das verlautete aus Kreisen der Brüsseler Kommission. Zuvor hatte das "Wall Street Journal" dies berichtet. Die Behörde erwägt demzufolge, Deutschland wegen Verstoßes gegen den EU-Vertrag zu verklagen.

Bei dem Absturz der Germanwings-Maschine am 24. März in den französischen Alpen waren 150 Menschen ums Leben gekommen. Der Copilot soll früher unter Depressionen gelitten und die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht haben.

Eine Expertengruppe der deutschen Luftfahrtbranche hat mittlerweile Beratungen über mögliche Konsequenzen aus der Katastrophe aufgenommen. Sie prüft etwa, ob die Feststellung der Flugtauglichkeit von Piloten verbessert werden kann. Es geht dabei auch um Änderungen bei den Sicherheitsfunktionen der Cockpittüren. Der Gruppe gehören Fachleute von Airlines und Flugzeugherstellern, Flugmediziner, das Luftfahrtbundesamt und Vertreter von Piloten und Kabinenpersonal an.

Die Rüge der EU-Kommission habe sich darauf bezogen, dass die Behörden die Ausstellung von Flugtauglichkeitsbescheinigungen für Piloten zu wenig kontrollierten und dies nicht den EU-Regeln entspreche, hieß es in EU-Kreisen. Diese Checks bescheinigen Piloten körperliche Fitness. Grundlage für den Brief seien Beschwerden der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) gewesen. Die EASA bemängelte, dass das deutsche Luftfahrtbundesamt zu wenig Personal vorhalte, zu wenig Zugang zu medizinischen Akten habe und Ärzte und Medizinzentren, die die Tests durchführten, zu wenig überwache.

Deutschland droht Klage

Die EU-Kommission bestätigte auf Anfrage nur, dass sie auf Basis von EASA-Empfehlungen "eine Reihe von Fragen" an die deutschen Behörden zur Flugsicherheit gestellt habe. Die EU-Kommission werte derzeit die Antwort aus Deutschland aus. "Wenn die Abhilfemaßnahmen nicht den EU-Standards entsprechen, wird die EU-Kommission die notwendigen Schritte einleiten", teilte die EU-Behörde mit. Der nächste Schritt wäre eine Klage gegen Deutschland wegen Verletzung des EU-Vertrages.

Das EU-Recht sieht vor, dass ein beruflicher Einsatz im Cockpit von der Fitness abhängt. Berufspiloten müssen ihre Fitness jährlich nachweisen bei einem gründlichen Gesundheitscheck durch einen flugmedizinischen Sachverständigen - ab dem 40. Lebensjahr sogar alle sechs Monate. Gibt es psychologische Auffälligkeiten, werden die Piloten an spezielle Luftfahrtpsychologen überwiesen. Bei schwerwiegenden ärztlichen Bedenken droht das Aus für den Flugberuf.

Bei der Katastrophe war der Copilot krankgeschrieben, was er jedoch anscheinend verheimlichte. Woran er erkrankt war, ist nicht bekannt. Nach früheren Lufthansa-Angaben hatte der Mann "ein voll gültiges Tauglichkeitszeugnis der Klasse 1". Dies löste eine Debatte über die Wirksamkeit der regelmäßigen Gesundheitschecks und die Informationspflicht von Fliegerärzten aus.

Quelle: ntv.de, jja/dpa

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