Politik

Unkonventioneller Einzelgänger Emmanuel Macron - hochintelligent, aber arrogant

Macrons erste Präsidentschaft hat Spuren hinterlassen - politisch wie körperlich.

Macrons erste Präsidentschaft hat Spuren hinterlassen - politisch wie körperlich.

(Foto: AP)

Frankreichs Präsident bringt Europa so weit voran wie kaum ein anderer in den vergangenen Jahren - obwohl der Überflieger gern allein entscheidet. Macron kann stundenlang reden, ohne nach Worten oder Fakten suchen zu müssen. Einen Makel wird der 44-Jährige allerdings nicht los.

Bei seinem einzigen großen Wahlkampfauftritt stand Emmanuel Macron allein auf einer Plattform, die die Form eines Hexagons hatte - wie das Land, das er seit fünf Jahren regiert. Es war ein sprechendes Bild für den 44 Jahre alten Präsidenten, der für seine Wiederwahl antritt und im Ruf steht, über den Dingen zu stehen und vieles allein zu entscheiden.

Vor fünf Jahren war er wie ein Wirbelwind ins Amt gekommen - jung, blitzgescheit, politische Lager sprengend, ohne je zuvor in ein Amt gewählt geworden zu sein. Er war ein Überflieger, der sich immer schon gerne über Konventionen hinwegsetzte und sich auf jeder Bühne wohlfühlt.

Das war schon so, als er sich als Jugendlicher in die Leiterin der Theatergruppe an seiner Schule verliebte. Allen Widerständen zum Trotz heiratete er die 24 Jahre ältere Brigitte und bildet mit ihr bis heute ein außergewöhnliches Paar. Brigittes Enkelkinder hielten bei seinem Auftritt vor Anhängern stolz Plakate mit der Parole "Daddy - Präsident" hoch.

Koteletten sind grau geworden

Das erste Mandat hat Spuren hinterlassen, Stirnfalten und ergraute Koteletten, die Macron gerne eine Spur zu lang trägt. Er hatte seine Amtszeit im Mai 2017 vor dem Louvre zu den Klängen der Europahymne begonnen und für sein erstes Kabinett bei Rechten und Linken gleichermaßen gewildert.

Schnell eroberte er sich seinen Platz auf dem internationalen Parkett, übte sich dafür im Händequetschen mit dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump und versuchte, den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Prunk und Protz in Versailles zu beeindrucken. Innenpolitisch setzte er zügig Reformen des Arbeitsmarktes, der Bahn und der Universitäten durch. Gegen die Rentenreform hingegen gab es so viel Widerstand, dass die Pandemie eine willkommene Gelegenheit bot, sie auf Eis zu legen.

Inzwischen tragen die Reformen Früchte, die Arbeitslosigkeit ist deutlich gesunken. Dank der staatlichen Unterstützung nach Macrons Motto "Koste es, was es wolle" läuft auch die Wirtschaft wieder besser an als befürchtet.

Als "Präsident der Reichen" beschimpft

Außenpolitisch hat er Europa vorangebracht wie kaum ein anderer während dieser Zeit. Selbst die gegen gemeinsame Schulden allergische Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich am Ende auf einen großzügigen Corona-Wiederaufbaufonds ein. Der Ukraine-Krieg gab Macrons Werben für eine gemeinsame Verteidigung unerwartet dramatische Aktualität. Zeitweise war Macron der einzige westliche Politiker, der Kontakt zu Putin hielt und stundenlang mit ihm zu verhandeln versuchte - allerdings vergeblich.

Daneben fand der Abzug der französischen Soldaten aus Mali und das weitgehende Scheitern des Einsatzes dort kaum Aufmerksamkeit. Auch die Klimapolitik von Macron, die er anfangs mit Leidenschaft vertreten hat, gilt als Flop. Zu weit ist er hinter seinen Versprechungen zurückgeblieben. Für viele Deutsche klang es schockierend, als Macron den Bau von bis zu 14 neuen Atomkraftwerken ankündigte. Inzwischen blickt Deutschland allerdings neidisch auf Frankreich, da das Nachbarland wesentlich einfacher auf russisches Gas und Öl verzichten kann.

Zu den größten Schwachpunkten Macrons zählt sicher das Image des abgehobenen Politikers. Als "Präsident der Reichen" hatten ihn die Gelbwesten beschimpft. Die Protestbewegung gegen hohe Lebenshaltungskosten hatte 2018 das Land mit Demos und Ausschreitungen in Atem gehalten.

Legendäre Ausdauer

Die Unzufriedenen, die Abgehängten, die Globalisierungsverlierer - bei all diesen Menschen hat Macron kaum eine Chance. Immer wieder eckt er mit arroganten Bemerkungen an, auch wenn er anschließend jedes Mal Besserung gelobt.

Dabei hat er keine Scheu, den direkten Kontakt zu den Menschen zu suchen, was seine Sicherheitsleute regelmäßig nervös macht. Und seine Ausdauer ist legendär - seien es die Bürgergespräche nach der Gelbwestenkrise oder seine seltenen Pressekonferenzen: Macron kann stundenlang reden, ohne auch nur einmal nach Worten oder Fakten suchen zu müssen.

*Datenschutz

Die nächste Gelegenheit wird er bekommen, wenn er sich vor der wahrscheinlichen Stichwahl der Rechtspopulistin Marine Le Pen stellen wird. Die dürfte dieses Mal allerdings besser vorbereitet sein als 2017. Und nach den Umfragen sieht es so aus, dass das Ergebnis am Ende sehr knapp ausfallen könnte.

Quelle: ntv.de, Ulrike Koltermann, AFP

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