Politik

CDU-Politiker: "Machtergreifung" Eklat bei Präsidentenwahl in Thüringen - Erste Sitzung mehrfach unterbrochen

Als Alterspräsident leitet Jürgen Treutler von der AfD die erste Sitzung. In seiner Eröffnungsrede betont er den Anspruch der rechtsextremen Partei in Thüringen auf das Amt des Landtagspräsidenten.

Als Alterspräsident leitet Jürgen Treutler von der AfD die erste Sitzung. In seiner Eröffnungsrede betont er den Anspruch der rechtsextremen Partei in Thüringen auf das Amt des Landtagspräsidenten.

(Foto: picture alliance/dpa)

In Erfurt tritt der neue Thüringer Landtag erstmals zusammen. Unter der Leitung eines AfD-Abgeordneten soll die Parlamentsspitze gewählt werden - doch schon die Tagesordnung gestaltet sich als schwierig. Auch danach wird die erste Sitzung mehrfach unterbrochen.

Chaos, lange Unterbrechungen, heftige Wortgefechte und eine Rede des Alterspräsidenten Jürgen Treutler von der AfD, die auf Kopfschütteln und Kritik stößt. Die erste Sitzung des Thüringer Landtags knapp vier Wochen nach der Wahl wird zu einem politischen Tauziehen zwischen einer AfD, die erstmals in Deutschland die stärkste Fraktion stellt, sowie CDU, BSW, Linke und SPD auf der anderen Seite. Der turbulente Auftakt liefert einen Vorgeschmack für die parlamentarische Arbeit in Thüringen: Die Sitzung ist immer wieder unterbrochen - seit Beginn um 12 Uhr schon siebenmal.

Die Sitzung war mit Spannung erwartet worden, denn es gab im Vorfeld schon Streit um den Ablauf. Nach den bisherigen Regeln hat die AfD als stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für die Wahl des Landtagspräsidenten. CDU und BSW wollen die Geschäftsordnung ändern, damit gleich von Anfang an auch die anderen Fraktionen Vorschläge unterbreiten können. Dafür müsste der Punkt aber vom Alterspräsidenten aufgerufen werden und der Landtag müsste beschlussfähig sein. Die Aufforderung der CDU-Fraktion, die Beschlussfähigkeit festzustellen, ignorierte der AfD-Abgeordnete mehrfach und weigerte sich, dies zu tun.

In den anderen Fraktionen wächst deshalb die Empörung über das Verhalten Treutlers und der AfD. "Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt", sagte die Fraktionsvorsitzende des BSW, Katja Wolf. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl, äußerte: "Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung." Die Linken-Abgeordnete Katharina König-Preuss sprach in einem Post auf X von einem "Putsch gegen die Demokratie". In ähnlicher Richtung äußerte sich auch Thüringens geschäftsführender Innenminister und SPD-Abgeordnete Georg Maier. "Die AfD greift unsere Demokratie von innen aus an", sagte er.

Mehrere Unterbrechungen

Treutler, der die Sitzung als ältester Abgeordneter eingangs leitet, hielt zunächst seine Eröffnungsrede. Darin betonte er den Anspruch der AfD als stärkste Fraktion auf das Amt des Parlamentspräsidenten. Es handele sich dabei um eine "nie in Frage gestellte Gepflogenheit" im Landtag. Wer darüber hinweggehe, untergrabe die Demokratie.

Die gewählten Parlamentarier seien gehalten, "das Wahlergebnis nüchtern und sachlich zur Kenntnis zu nehmen" und den Willen des Souveräns ernst zu nehmen. Er warnte vor einer Untergrabung der politischen Kultur. Mit Blick auf die Regierungsbildung sagte er, es gebe eine "nicht zu übersehende Option" für eine stabile parlamentarische Mehrheit. Nach der Rede Treutlers stellte die CDU-Fraktion erneut einen Antrag auf Feststellung der Beschlussfähigkeit des Parlaments. Die Sitzung wurde daraufhin erneut unterbrochen.

Tatsächlich hat die AfD, die vom Thüringer Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist, als stärkste Kraft laut Geschäftsordnung zunächst das Vorschlagsrecht für den Posten. Sie nominierte die Abgeordnete Wiebke Muhsal für das Amt der Landtagspräsidentin. Muhsal war vor einigen Jahren zu einer Geldstrafe wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt.

CDU und BSW wollen Geschäftsordnung ändern

Die Wahl der Parlamentsspitze gestaltet sich allerdings als schwierig. So lehnen die anderen Fraktionen - CDU, BSW, SPD und Linke - einen AfD-Politiker an der Spitze des Parlaments ab. CDU und BSW wollten noch vor der Wahl mit einem Antrag eine Änderung der Geschäftsordnung erreichen, so dass bereits vom ersten Wahlgang an Kandidaten aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden können. Nach der bisherigen Regelung ist das in den ersten beiden Wahlgängen der stärksten Fraktion vorbehalten. Ein Kandidat braucht, um gewählt zu werden, die einfache Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen.

Mit der geplanten Änderung der Geschäftsordnung wollen die anderen Parteien einen AfD-Politiker auf dem Spitzenposten verhindern und eine Hängepartie im Parlament etwa durch Unterbrechungen vermeiden. Die CDU nominierte ihren Abgeordneten Thadäus König als Kandidaten für die Wahl des Landtagspräsidenten. Die AfD hatte die Änderung der Geschäftsordnung bereits im Vorfeld abgelehnt - so kam es schon im Vorfeld zum Schlagabtausch.

Mit der Konstituierung des neuen Landtags endet auch die reguläre Amtszeit der rot-rot-grünen Minderheitsregierung von Ministerpräsident Ramelow. Die Mitglieder der Regierung bleiben laut Landesverfassung aber bis zum Antritt ihrer Nachfolger weiter geschäftsführend im Amt. Die entsprechenden Urkunden händigte Ramelow seinem Kabinett am Morgen in Erfurt aus.

Quelle: ntv.de, ses/spl/AFP/dpa

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