Aktion seit Tagen vorbereitet Bundeswehr startet Rettungsmission im Sudan
24.04.2023, 08:38 Uhr Artikel anhören
Die Luftwaffe ist mit Militärtransportern auf dem Weg in das schwer umkämpfte Land.
(Foto: dpa)
Die Lage im Sudan gerät immer weiter außer Kontrolle. Etliche Länder versuchen inmitten der Gefechte ihre Staatsbürger zu evakuieren. Nachdem am Mittwoch ein erster Rettungsversuch der Bundeswehr gescheitert war, startet jetzt eine neue Aktion.
Die Bundeswehr hat im Sudan einen Einsatz für die Evakuierung deutscher Staatsbürger begonnen. Für die Rettungsmission flog die Luftwaffe nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur mit Militärtransportern in das von Kämpfen erschütterte Land. Eine erste Maschine sei bereits gegen 16 Uhr gelandet, heißt es vom Verteidigungsministerium. Die Bundesregierung und andere westliche Staaten haben eine militärisch geschützte Rettungsaktion seit Tagen vorbereitet. Die Bundeswehr verlegte dafür mehrere hundert Fallschirmjäger mit Waffen und Material aus Deutschland nach Jordanien.
Bundeswehr und Auswärtiges Amt koordinierten gemeinsam eine laufende Evakuierungsoperation "für die Deutschen vor Ort in Abstimmung mit unseren Partnern", schrieb das Verteidigungsministerium auf Twitter. "Unser Ziel ist, in dieser gefährlichen Lage in Sudan so viele Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen."
Im Rahmen der Möglichkeiten sollen demnach auch EU-Bürger und weitere Staatsangehörige mitgenommen werden. Es geht nach aktuellem Stand insgesamt um die Rettung einer niedrigen dreistelligen Zahl deutscher Staatsbürger, die aber größer als 150 sei, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Freitag erklärt hatte. Man kontaktiere die Menschen regelmäßig, allerdings nähmen die Probleme von Tag zu Tag zu. In der Hauptstadt Khartum hat sich die Versorgungslage seit dem Beginn der Kämpfe dramatisch entwickelt. Es fehlen Wasser und Lebensmittel, Stromabschaltungen behindern zunehmend die Kommunikation.
Die Botschaft in Khartum und das Auswärtige Amt gab den Deutschen im Sudan genaue Handlungshinweise in einem sogenannten Landsleutebrief. Hingewiesen wurde auf Gefahren bei der Vorbereitung der Evakuierung. Die Details sollten nicht öffentlich werden.
Mitarbeiter der ägyptischen Botschaft durch Schüsse verletzt
Bei den Kämpfen ist ein Mitarbeiter der ägyptischen Botschaft durch Schüsse verletzt worden. "Dies bestätigt die Notwendigkeit, das höchste Maß an Vorsicht zu wahren, um die Sicherheit unserer Bürger und unserer Vertretung zu erhalten", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo. Mehr Details zu dem Vorfall nannte er nicht.
In Ägyptens Nachbarland befinden sich nach Angaben aus Kairo Tausende Ägypter. Dem Ministerium zufolge begann Ägypten eine Evakuierung aus "sicheren Gegenden" im Land. Die meisten Angehörigen des ägyptischen Militärs sind bereits abgezogen.
Frankreich, Italien und Niederlande evakuieren erste Bürger
Frankreich hat Medienberichten zufolge rund 100 Menschen aus dem umkämpften Sudan ausgeflogen. Ein erstes Flugzeug war am Sonntagabend aus Sudans Hauptstadt Khartum auf dem Weg nach Dschibuti, ein zweites Flugzeug sollte ebenfalls am Abend starten, wie die französischen Fernsehsender franceinfo und BFMTV unter Hinweis auf das Außenministerium berichteten. An Bord seien nicht nur Franzosen, sondern auch Menschen anderer Nationalitäten. Jedes Flugzeug könne etwa 100 Menschen transportieren. Insgesamt befinden sich etwa 250 Franzosen im Sudan, doch nicht alle wollen nach Angaben des Außenministeriums ausgeflogen werden.
Auch eine erste Gruppe Niederländer sind ausgeflogen worden. Die Gruppe sei mit einem französischen Flugzeug unterwegs, teilte der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra mit, wie die Nachrichtenagentur ANP berichtete. Hoekstra hoffe, dass sich im Laufe des Abends noch mehr Niederländer auf den Weg nach Jordanien machen könnten und dass dabei auch niederländische Flugzeuge zum Einsatz kommen könnten. Der Minister sprach von einer "sehr komplexen Operation", die die Niederlande gemeinsam mit den Franzosen und Deutschen durchführen. Ungefähr 150 niederländische Staatsangehörige, darunter Beschäftigte der inzwischen geschlossenen Botschaft im Sudan, hätten sich für eine Evakuierung gemeldet.
Auch Italien hat einen Evakuierungseinsatz gestartet. "Wir haben nacheinander die 140 Italiener, die sich im Sudan befinden, kontaktiert. Wir tun alles Mögliche und Unmögliche, um ihre Sicherheit zu garantieren", sagte Italiens Außenminister Antonio Tajani im öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Rai3.
Zentrum der Kämpfe am Flughafen Khartum
Bis in die Nacht hinein sollten alle in Sicherheit gebracht worden sein, sagte Tajani weiter. Insgesamt sollen sich die italienischen Soldaten nach seinen Angaben um 200 Menschen kümmern, darunter auch Schweizer Staatsangehörige sowie Mitarbeiter der der diplomatischen Vertretung des Vatikans, der Apostolischen Nuntiatur, in Khartum.
Im Sudan sind vor einer Woche schwere Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohner seit zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätten die RSF der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.
Der Flughafen in der Hauptstadt Khartum stand seit Ausbruch der Gewalt im Zentrum der Kampfhandlungen. Internationale Diplomaten bemühten sich immer wieder um eine belastbare Feuerpause. Am Mittwoch war der Versuch einer diplomatischen Evakuierung mit Maschinen der Luftwaffe, aber ohne größeren Einsatz von Soldaten abgebrochen worden, weil die Sicherheitslage in Khartum als zu gefährlich eingeschätzt wurde. In Berlin tagt täglich ein Krisenstab.
Quelle: ntv.de, vmi/dpa