Moskaus "nützlicher Idiot"Ex-US-Sicherheitsberater Bolton: Kreml manipuliert Trump

Der ehemalige US-Sicherheitsberater John Bolton betrachtet mit Grausen die derzeitige US-Politik. "Die Europäer müssen die Zähne zusammenbeißen und das über sich ergehen lassen", sagt er zur neuen Sicherheitsstrategie. Die Ukraine warnt er vor Zugeständnissen.
Der ehemalige US-Sicherheitsberater John Bolton geht davor aus, dass der Kreml US-Präsident Donald Trump gezielt manipuliert: "Die Russen haben Trump schon lange als das identifiziert, was Lenin einmal einen 'nützlichen Idioten' nannte", sagte er in einem Gespräch mit dem "Spiegel". "Putin wendet an, was er in seinem KGB-Training gelernt hat, findet die Schwächen seiner Zielperson, spielt das aus."
Bolton warnte die Ukraine vor Zugeständnissen in möglichen Friedensverhandlungen: "Selbst wenn man sich jetzt auf einen Deal verständigt, würden die Russen in zwei, drei Jahren eben ein drittes Mal angreifen", sagte er. "Das ist das strategische Dilemma, das Trump, sein Sondergesandter Steve Witkoff und Jared Kushner nicht verstehen. Sie wollen einen Deal. Es ist ihnen ziemlich egal, zu welchen Bedingungen."
Bolton bezeichnete Überlegungen der Ukraine, die Nato-Mitgliedschaft im Gegenzug für Sicherheitsgarantien aufzugeben, als "enormen Fehler". "Ich würde das nicht akzeptieren. Trump ist noch nicht einmal verlässlich, was Artikel 5 der Nato-Charta betrifft. Was sind Sicherheitsgarantien von Trump dann außerhalb des Nato-Kontextes wert? Das ist eine Illusion von Sicherheit", sagte er. Bolton ist überzeugt, dass Russland von einem Waffenstillstand profitieren würde. "Putin könnte die Wirtschaft stabilisieren, seine Armee wiederaufbauen."
Die neue Sicherheitsstrategie, die die US-Regierung vergangene Woche veröffentlich hat und die die EU und nicht Russland oder China als Hauptgegner identifiziert, hält Bolton für nicht zielführend. "Ich bezweifle, dass Trump dieses Dokument auch nur gelesen hat. Für mich liest sich das, als wäre es von Leuten um JD Vance geschrieben worden - für eine Regierung unter ihm", sagte er. "Die Europäer müssen die Zähne zusammenbeißen und das über sich ergehen lassen."
"Präsidentschaft der Rache"
Bolton arbeitete für sämtliche republikanische Präsidenten seit Ronald Reagan. Während Trumps erster Amtszeit war er Nationaler Sicherheitsberater, ehe er nach 17 Monaten im Streit ausschied. Die Behörden werfen ihm vor, vertrauliche Dokumente illegal weitergegeben zu haben. Im August führte das FBI eine Razzia bei ihm durch. Kurz darauf erhob die Staatsanwaltschaft Anklage.
Bolton beschreibt das Verfahren als einen Racheakt Trumps: "Ich hatte es im Vorwort zu meinem Buch schon 2020 geschrieben: Falls Trump wiedergewählt wird, dann wird das eine Präsidentschaft der Rache. Das sehen wir jetzt", sagte er. "In meinem Fall begann es am Tag seiner Amtseinführung, als er meinen Personenschutz einstellen ließ, den Biden mir wegen der Attentatspläne der Iraner eingeräumt hatte. Und ich bin nicht der einzige Betroffene."