Umstrittene Publizistin gewählt Ferda Ataman ist neue Antidiskriminierungsbeauftragte
07.07.2022, 17:31 Uhr
Ferda Ataman wurde mit 376 Stimmen gewählt. Gebraucht hätte sie 369.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Bundestag wählt Ferda Ataman zur neuen Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Publizistin ist umstritten. Kritiker werfen der 42-Jährigen vor, "Clan-Kriminalität" und Islamismus zu verharmlosen.
Ferda Ataman ist zur Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung gewählt worden. Die Publizistin erreichte im Bundestag etwas mehr als die notwendige sogenannte Kanzlermehrheit von 369 Stimmen. 376 Abgeordnete stimmten für die 42-Jährige, 278 gegen sie. Es gab vierzehn Enthaltungen. Der Posten war zuvor vier Jahre lang vakant.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schreibt für die Wahl zur Besetzung der "Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung" die Kanzlermehrheit vor. Dabei handelt es sich um die Mehrheit nicht nur der anwesenden, sondern aller 736 Bundestagsabgeordneten. Die Ampel-Koalition hat zusammen 416 Abgeordnete, also 47 mehr als es für die notwendige Mehrheit gebraucht hätte. Die Wahl fand wie vom Gesetz ebenfalls vorgeschrieben ohne weitere Debatte statt.
"Diejenigen, die mir ihr Vertrauen noch nicht schenken konnten, möchte ich gerne mit meiner Arbeit überzeugen", sagte Ataman nach ihrer Wahl. "Ich sehe es als meine Aufgabe, Menschen, die Diskriminierung erfahren, zu unterstützen, durch Beratung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes." Als ein Ziel nannte sie ein bundesweites Förderprogramm zum Aufbau einer flächendeckenden Beratung.
Auf Vorschlag des Bundesfamilienministeriums hatte das Bundeskabinett Ataman im Juni für den Posten nominiert. Union, AfD und auch einzelne Vertreter der Regierungspartei FDP hatten die Personalie scharf kritisiert. Sie sprechen Ataman die Eignung für das Amt ab, bezeichneten sie unter anderem als "linke Aktivistin" und werfen ihr vor, "Clan-Kriminalität" und Islamismus zu verharmlosen. Politiker von SPD und Grünen hatten von haltlosen Behauptungen und einer Kampagne gegen die Publizistin gesprochen.
Die 1979 in Stuttgart geborene und in Nürnberg aufgewachsene Ataman studierte Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt "Moderner vorderer Orient", schon an der Universität konzentrierte sie sich auf die Themen Migration und Integration. 2007 machte Ataman eine Ausbildung an der Berliner Journalistenschule und arbeitete danach in verschiedenen Zeitungsredaktionen. Von 2010 bis 2012 leitete sie das Referat Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Dem von dem damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer eingeführten Heimatministerium bescheinigte Ataman im Mai 2018, das sei "vor allem Symbolpolitik für potenziell rechte Wähler". Der CSU-Politiker boykottierte dann im darauffolgenden Monat den Integrationsgipfel im Kanzleramt, weil er sich von Ataman mit der "Blut und Boden"-Ideologie der Nazis in Verbindung gebracht sah.
Mit ihrem 2019 erschienenen Buch "Hört auf zu fragen. Ich bin von hier" löste Ataman eine Debatte über Zugehörigkeit in Deutschland aus. Wenig später sorgte sie mit ihrer "Spiegel"-Kolumne "Heimatkunde" für Aufruhr, in der es um die Frage ging, wie Deutsche ohne Migrationshintergrund genannt werden könnten.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP