Politik

Zu Besuch in Jerusalem Friedrich Merz und sein Balanceakt in Israel

Der deutsche Oppositionsführer Friedrich Merz trifft auf den israelischen Oppositionsführer Jair Lapid. Wenig später muss Merz Premierminister Benjamin Netanjahu die deutschen Sorgen über die Justizreform in Israel mitteilen. Ein Grat, der vor allem in Jerusalem ziemlich schmal werden kann.

Als "Leader of the Opposition" wird Friedrich Merz in den vergangenen zwei Tagen oft angekündigt. Der CDU-Chef und Unionsfraktionsvorsitzende war von Montag bis Mittwochmorgen zu Besuch in Israel und traf auf ein Land, das nicht nur von außen bedroht ist, sondern auch innenpolitisch.

Die geplante Justizreform, die es der aktuellen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu ermöglichen würde, die Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs stark einzuschränken und seine Entscheidungen womöglich sogar zu überstimmen, sorgt für großen Unmut in der Bevölkerung. Von einem "dunklen Albtraum" sprechen einige Vertreter aus der Zivilgesellschaft, von einer "konstitutionellen Krise" andere. Schon seit Wochen gehen die Menschen in Israel gegen das geplante Vorhaben der Regierung auf die Straße.

"Gewaltenteilung in Israel wird infrage gestellt"

Merz muss bei seinem Besuch einen Balanceakt hinbekommen: Am Montag ein Treffen mit dem israelischen Oppositionsführer Jair Lapid, der Merz sein Entsetzen über die Politik der aktuellen Regierung mitgeteilt haben wird. Am Dienstag dann ein Treffen mit Netanjahu. Über das Gespräch sagte der CDU-Chef unmittelbar danach ntv: "Ich habe ihm (Netanjahu) unsere Sorgen auch mitgeteilt, dass wir das Gefühl haben, dass hier zurzeit eine Diskussion geführt wird, die in der Tat die Gewaltenteilung in Israel infrage stellen könnte."

Damit findet Merz deutlichere Worte als Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Treffen in Berlin mit Netanjahu in der vergangenen Woche. Aber Merz ist eben auch nicht der Kanzler. Und Merz zeigte auch Verständnis dafür, aus welchen Gründen im Land über eine solche Reform diskutiert werde. Dies habe unter anderem den Grund, dass Israel keine geschriebene Verfassung habe: "Deswegen werbe ich dafür, dass wir nicht einseitig den Stab brechen, sondern uns zuhören, wie die Probleme sind und sie liegen hier in Israel anders, als wir sie aus Deutschland kennen."

Zudem habe der israelische Premierminister Netanjahu laut Merz "sehr wohl" verstanden, welche öffentlichen Diskussionen durch die geplante Justizreform losgetreten worden seien: "Das ist ja nicht nur auf Deutschland begrenzt, sondern auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Viele europäische Länder haben ihre Sorge zum Ausdruck gebracht und das wird hier in Israel gehört und nach meinem Eindruck auch ernst genommen."

Merz sagte, dass er ebenfalls "sehr intensiv" über die Bedrohung des Irans mit Netanjahu gesprochen habe. Dies sei auch beim Gespräch mit dem israelischen Staatspräsidenten Herzog ein entscheidendes Thema gewesen.

Deutsche Soldaten an Heron TP

Bereits am Dienstagmorgen hatte Merz die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem besucht und im Beisein von Dani Dayan, Chairman von Yad Vashem, gesagt: "Den Opfern der Schoah und ihren Familien werden wir immer gedenken. Deutschlands Verantwortung wird immer bleiben."

Dass das Verhältnis zwischen Israel und Deutschland heute gut ist und die Zusammenarbeit, vor allem im militärischen Bereich, nahezu einem Wunder gleicht, zeigte am Dienstagmittag der Besuch auf dem Militärflugplatz Tel Nof, dem Hauptflugplatz der israelischen Luftwaffe. Hier werden deutsche Soldaten an der "Heron TP"-Drohne ausgebildet, die wiederum bald in Deutschland zum Einsatz kommen soll.

91c09ed76a97e72abc3b1dec50ee7b84.jpg

Friedrich Merz am Dienstag in Yad Vashem.

(Foto: dpa)

Der CDU-Chef betonte im Kontext der deutsch-israelischen Geschichte: "Ich bin wirklich sehr beeindruckt, sowohl von der Technik, aber noch mehr von der Zusammenarbeit der Soldatinnen und Soldaten hier. Viele deutsche mit israelischen Soldaten zusammen: Das ist schon sehr beeindruckend."

"Ampel ist übergriffig"

Allerdings holt Merz auch die deutsche Innenpolitik und die Debatte um die Wahlrechtsreform in Israel ein. Mit Blick auf eine von der Ampel ins Spiel gebrachte Listenverbindung zwischen CDU und CSU sagte Merz ntv: "Was wir jetzt aus der Ampel hören, was sie uns da vorschlagen, wenn das ernst gemeint ist, dann will ich genauso ernst zurücksagen: Das ist übergriffig. Der Ampel steht es nicht zu, zu entscheiden, wie CDU und CSU in Deutschland bei Wahlen antreten."

Es sei das gute Recht jeder Partei, zu entscheiden nur in einem Bundesland antreten zu wollen. Dies müsse nicht nur in Bayern sein. "Das, was wir jetzt hören, ist übergriffig auf die Union und ich sage Ihnen das hier nicht nur als Fraktionsvorsitzender der gemeinsamen Bundestagsfraktion, ich sage Ihnen das auch als Parteivorsitzender der CDU: vollkommen inakzeptabel", so Merz.

Quelle: ntv.de

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen