"Schreckliches Dilemma" Für Biden wäre Besetzung von Gazastreifen "großer Fehler"
16.11.2023, 12:04 Uhr Artikel anhören
Als Reaktion auf den blutigen Überfall der Hamas Anfang Oktober greift das israelische Militär den Gazastreifen an. Der US-Präsident ruft Israel zu "extremer Vorsicht" beim Einsatz im Al-Shifa-Krankenhaus auf. Eine dauerhafte Besetzung der Palästinensergebiete hält er für falsch.
US-Präsident Joe Biden bekräftigt, dass er eine dauerhafte Besatzung des Gazastreifens durch Israel für den falschen Weg halte. Das wäre "ein großer Fehler", sagte Biden. Die Zwei-Staaten-Lösung sei der einzige gangbare Weg, habe er dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu klargemacht. "Ich kann Ihnen sagen, dass ich nicht glaube, dass es endet, bis es eine Zwei-Staaten-Lösung gibt", erklärte Biden am Rande seines Treffens mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Die israelische Armee setzte ihre Angriffe im Gazastreifen derweil fort.
Nach Einschätzung des israelischen Präsidenten Isaac Herzog muss Israel auch nach einem Ende des Kriegs gegen die Hamas vorerst im Gazastreifen eine starke Präsenz zeigen, um ein Wiedererstarken der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe zu verhindern. "Wenn wir uns zurückziehen, wer wird dann übernehmen? Wir können kein Vakuum hinterlassen. Wir müssen darüber nachdenken, wie der Mechanismus aussehen wird", sagte Herzog der "Financial Times". Derzeit kursierten viele Ideen dazu. "Aber niemand wird diesen Ort, Gaza, wieder in eine Terrorbasis verwandeln wollen."
"Was soll man also tun?"
Den Militäreinsatz Israels im Al-Shifa-Krankenhaus verteidigte der US-Präsident: "Das erste Kriegsverbrechen wurde von der Hamas begangen, indem sie ihr Hauptquartier, ihr Militär, unter einem Krankenhaus versteckt hat. Und das ist eine Tatsache, das ist passiert." Erkenntnisse von US-Geheimdiensten würden diese "Tatsache" stützen. Die israelischen Streitkräfte hatten am Mittwoch Fotos und Videos aus dem Inneren des Krankenhauses im Gazastreifen veröffentlicht, die angeblich zahlreiche Waffenverstecke hinter einem MRT-Gerät, in den Schränken der Flure und anderen Räumen des Krankenhauses zeigen. Er habe Israel gebeten, bei dem Einsatz "extrem vorsichtig" zu sein. "Aber die Hamas hat bereits erklärt, dass sie plant, die Israelis wieder anzugreifen. Und das ist ein schreckliches Dilemma. Was soll man also tun?"
Israel erklärte, es habe bei seinem Einmarsch in das Krankenhaus Hamas-Kämpfer bekämpft und getötet, aber auch medizinische Experten, Arabisch sprechende Personen, medizinisches Material wie Inkubatoren und Babynahrung mitgebracht. Es sei "nicht realistisch" von Israel zu erwarten, dass das Land seine Militäraktionen einstelle, sagte Biden. Zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen ruft der US-Präsident nicht auf. Der Krieg werde aufhören, "wenn die Hamas nicht mehr die Fähigkeit hat, zu morden und zu missbrauchen und den Israelis einfach schreckliche Dinge anzutun."
Mit Blick auf eine Freilassung der von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln sei Biden sei "relativ optimistisch. Ich möchte nichts vorwegnehmen, (...) aber wir haben von den Katarern von einer (...) Kooperation erfahren", erklärte er. Katar vermittelt in Verhandlungen über eine Freilassung von Geiseln zwischen Israel und der Hamas. Israels Außenministerium rief den Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft auf, sich für die sofortige Freilassung aller Geiseln einzusetzen. "Längere humanitäre Pausen sind unhaltbar, solange 239 Entführte in den Händen von Hamas-Terroristen sind", hieß es.
Quelle: ntv.de, ter/rts