Politik

Großes Energie-Geschacher Gabriel befriedet die Landesfürsten

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Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich zufrieden mit Gabriels Kompromiss.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bund und Länder einigen sich bei der Reform der Ökostrom-Förderung in entscheidenden Punkten. Vor allem wegen eines spendablen Energieministers.

Nach vier Verhandlungsstunden kann Energieminister Sigmar Gabriel den Durchbruch verkünden: "Wir haben jetzt den ersten großen Schritt geschafft", sagt der SPD-Politiker. Bund und Länder haben sich bei einem Treffen im Kanzleramt auf  entscheidende Punkte einer Reform der Ökostrom-Förderung geeinigt. Und doch blickt Gabriel die meiste Zeit ziemlich ernst drein, während er so da sitzt und erzählt. Liegt es daran, dass es schon mitten in der Nacht ist? Es gibt noch zwei weitere Gründe, die eine gedämpfte Euphorie rechtfertigen.

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Campact, Bund, Greenpeace - vor dem Kanzleramt demonstrierten gleich mehrere NGOs. Sie forderten eine klare Abkehr von Kohlestrom und Industrieprivilegien.

(Foto: REUTERS)

Erstens: Gabriel musste den Regierungschefs der Länder Zugeständnisse machen. Zweitens: Eine Reihe wichtiger Fragen bleibt strittig.

Die Reform des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) soll so etwas wie Gabriels Meisterstück werden. Sie ist ein bedeutsamer Bestandteil der Energiewende, dem wichtigsten Projekt des Energieministers.  Sie entscheidet darüber, wie teuer der Umstieg auf erneuerbare Energieträger für Industrie und Privatleute wird. Mit der EEG-Reform kann Gabriel um Akzeptanz werben. Und so setzte der Minister zunächst darauf, die Förderung erneuerbarer Energien kräftig zu kappen. Getreu dem Motto: Die Energiewende darf auf keinen Fall zu teuer werden. Bis zum Energiegipfel im Kanzleramt sah es allerdings noch so aus, als würden ihm die Landesfürsten bei seinen Plänen im Wege stehen. Sie hatten eigene Interessen.

Vor allem die Ministerpräsidenten der nördlichen Bundesländer forderten, dass es keine größeren Einschnitte bei der Förderung der Windenergie geben darf. Die im Süden wollten vor allem die Vergünstigungen für die Biomasse erhalten. Einige setzten auf beides.

Länder weichen Windkraft-Deckel auf

Gabriel befriedete die Ministerpräsidenten nun, indem er allen ein bisschen gab. In seinem Gesetzentwurf wird es zwar weiterhin eine Deckelung der Förderung für Windkraft bei 2500 Megawatt geben (2013 lag der Zubau bei knapp 3000 Megawatt). Allerdings - das ist das Zugeständnis an die Länder - werden die Kapazitäten alter Anlagen, die durch leistungsstärkere ersetzt werden, nicht mit angerechnet. Auf denselben Kompromiss ließ sich Gabriel bei der Biomasse ein. Der Deckel liegt hier bei 100 Megawatt. Auch in anderen Punkten entschärfte der Minister seine Pläne.

Die Landeschefs zeigten sich zufrieden: "Das ist ein guter Tag für die Windkraft", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig von der SPD. Seine thüringische CDU-Kollegin Christine Lieberknecht freute sich über die Kompromisse bei der Biomasse.

Gabriel wiederum versuchte deutlich zu machen, dass seine Zugeständnisse seine ursprünglichen Pläne nicht allzu sehr verwässern. Der SPD-Chef rechnete vor, dass sich die Ökostromumlage, also der Anteil, den Verbraucher für die Förderung der erneuerbaren Energie zahlen, trotzdem bis 2020 nur um 0,2 Cent pro Kilowatt-Stunde erhöhen würde.

Den Gesetzentwurf zur EEG-Reform soll am 8. April das Bundeskabinett billigen. Im Juni und Juli sollen es Bundestag und Bundesrat beschließen. Schon im August soll es in Kraft treten.

Brüssel will noch mitreden

Der letzte Energiegipfel im Kanzleramt war das sicher trotzdem nicht. Ungeklärt sind weiterhin Interessenkonflikte beim Netzausbau. Vor allem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer steht hier den Plänen Gabriels im Wege. Der CSU-Vorsitzende erklärte zuletzt, dass er die Süd-Ost-Trasse für unnötig hält. Auch der Umgang mit konventionellen Kraftwerken ist noch umstritten.

Als wäre das nicht genug Stoff für weitere lange Nächte und womöglich auch weitere Zugeständnisse, zeigt sich auch noch Brüssel unzufrieden - mit Rabatten für die deutsche Industrie bei der Ökostromforderung. Die, so heißt es bei der EU, könnten den Wettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten verzerren. Schon heute fliegt Gabriel deshalb zu Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Schlimmstenfalls müssen deutsche Unternehmen in Zukunft nicht nur auf die Befreiung von der Ökostromumlage verzichten, sondern auch die Rabatte, die sie bereits genossen haben, zurückzahlen. Gabriel sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und fürchtet Arbeitsplatzverluste. Auch die wären eine Gefahr für die Akzeptanz seines wichtigsten Projekts.

Quelle: ntv.de

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