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21 Tonnen TNT im LKW versteckt Geheimdienstchef beschreibt Attacken auf die Krim-Brücke

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Ein verspäteter Geburtstagsgruß: Am 8. Oktober 2022 attackiert die Ukraine die Krimbrücke.

Ein verspäteter Geburtstagsgruß: Am 8. Oktober 2022 attackiert die Ukraine die Krimbrücke.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die Krim-Brücke ist ein Prestigeprojekt Putins. Doch immer wieder gelingt es der Ukraine, diese erfolgreich anzugreifen. In einem Interview verrät der Chef des ukrainischen Geheimdienstes einige Details, wie der SBU vorgegangen ist. Und er sagt: "Wir sind durch die sieben Kreise der Hölle gegangen."

Die Kertsch-Brücke zur Krim ist eines der Lieblingsprojekte des russischen Präsidenten Wladimir Putin - und eines der Lieblingsziele der Ukrainer. In einem Interview mit der "New Voice of Ukraine" erklärt der Chef des ukrainischen Geheimdienstes, Wassyl Maljuk, nun im Detail, wie der SBU bei verschiedenen Attacken gegen das strategisch wichtige Bauwerk vorgegangen ist.

Demnach waren er und zwei enge Mitarbeiter im vergangenen Jahr persönlich damit beauftragt, die Krim-Brücke anzugreifen und Pläne hierfür auszuarbeiten. Offenbar spielten sie dabei diverse Optionen durch: "Wir haben verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen. Wir dachten an den Transport von Sprengstoff in Güterwagen. Aber die Russen haben den Transport jeglicher Güter auf dem Eisenbahnteil der Brücke verboten, mit Ausnahme von militärischer Fracht." Schließlich entschieden sie sich dafür, einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen über die Brücke zu schicken. Damit der Sprengstoff nicht von Scannern entdeckt werden konnte, wurde er den Angaben zufolge mit Zellophanfolie bedeckt. Die großen Rollen, die wie eine zivile Fracht ausgesehen hätten, hätten einen ganzen Container gefüllt. Insgesamt soll das explosive Material 21 Tonnen TNT entsprochen haben.

Am frühen Morgen des 8. Oktobers, einem Tag nach Putins Geburtstag, fuhr der LKW dann mit hoher Geschwindigkeit über die Brücke in Richtung Krim. Wenig später explodierte er, beschädigte mehrere Brückenpfeiler und setzte einen parallel auf der Eisenbahnbrücke fahrenden Zug mit Treibstofftanks in Brand. Nach eigenen Angaben konnte Maljuk die Explosion in seinem Büro in Echtzeit verfolgen - eine Kamera soll den Angriff mitgeschnitten haben.

Die Explosion war für den Kreml ein psychologisches und logistisches Desaster. Nicht nur, dass mehrere Menschen starben und der Verkehr eingestellt wurde. Die Versorgung der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Krim und des besetzten Südens der Ukraine wurde deutlich erschwert.

"Wir sind durch die sieben Kreise der Hölle gegangen, wir haben so viele Menschen ohne ihr Wissen benutzt", sagt Maljuk zehn Monate später. Russland habe daraufhin 22 Menschen ins Gefängnis gesteckt. "Sie alle wurden beschuldigt, an einem terroristischen Akt beteiligt gewesen zu sein. Doch in Wirklichkeit haben sie einfach nur ihre Arbeit gemacht. Das waren ganz normale russische Schmuggler."

Angriff mit Kamikaze-Drohnen

In dem Interview beschreibt Maljuk auch einen zweiten Angriff auf die Brücke im Juli dieses Jahres. Unmittelbar nach dem ersten habe der Geheimdienst mit der Planung eines neuen Anschlags begonnen. Demnach entwarfen die ukrainischen Geheimdienstoffiziere mit Sprengstoff beladene, ferngesteuerte Kamikaze-Boote aus einem einzigartigen Material, das für feindlichen Radar unsichtbar sein soll.

Gemeinsam mit der ukrainischen Marine habe der Geheimdienst schließlich Mitte Juli die Drohnen auf offener See gestartet und auf das Ziel ausgerichtet. "Wir haben zwei Nächte lang nicht geschlafen - wir haben die Drohnen jede Minute beobachtet. Wir waren so aufgeregt", so Maljuk. Die Drohnen, die nach ukrainischen Angaben 850 Kilogramm Sprengstoff an Bord hatten, trafen schließlich einen Brückenpfeiler, wodurch ein Teil der Fahrbahn zerstört wurde.

Der "New Voice of Ukraine" zufolge war es Maljuk wichtig zu betonen, dass ausschließlich ukrainische Kräfte und keine ausländischen Geheimdienste an den Angriffen beteiligt gewesen seien. Valerij Kondratjuk, ehemaliger Leiter des Auslandsnachrichtendienstes, spricht dem Bericht zufolge von einer "sehr heiklen Aufgabe". Doch zeigte er sich offensichtlich zufrieden. Die Operationen gegen die Krim-Brücke seien so durchgeführt worden, dass dem Kreml maximaler Schaden zugefügt und die guten Beziehungen zu den westlichen Partnern nicht beeinträchtigt worden seien.

Bereits vor wenigen Tagen hatte Maljuk offizielle Videos der Sprengstoffboote veröffentlicht und betont, dass die Seedrohnen eine einzigartige Entwicklung des SBU seien. Die Fertigung finde in einer unterirdischen Produktionsstätte auf dem Territorium der Ukraine statt, so der Geheimdienstchef. Maljuk kündigte zudem weitere Einsätze von Sprengstoffbooten an: "Ich verspreche Ihnen, das wird eine Überraschung, besonders für unsere Feinde."

Quelle: ntv.de, ghö

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