Proteste in London und Paris "Gelbwesten"-Wut erreicht Großbritannien
12.01.2019, 18:55 Uhr
Britische "Gelbwesten" demonstrieren gegen den Sparkurs ihrer Regierung und das Brexit-Gezerre.
(Foto: REUTERS)
Proteste der französischen "Gelbwesten" gehen trotz Macrons Zugeständnissen weiter. In Paris und andernorts demonstrieren Zehntausende gegen die Regierung. Und ihre Wut scheint auch den Ärmelkanal überquert zu haben.
Nach dem Vorbild der französischen "Gelbwesten"-Bewegung haben Tausende Demonstranten in London gegen die britische Regierung demonstriert. Sie forderten angesichts des Brexits ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Dem Aufruf der Kampagne "The People's Assembly Against Austerity" folgten auch Politiker und Gewerkschafter aus weiten Teilen des Landes. Etwa 5000 bis 10.000 Demonstranten hätten teilgenommen, sagte eine Sprecherin der Veranstalter. Auch Vertreter der "Gelbwesten"-Bewegung aus Frankreich nahmen an der Demonstration in London teil. "Alle europäischen Länder sollten sich diesem Kampf gegen die Sparpolitik anschließen", sagte ein Teilnehmer aus Frankreich der britischen Nachrichtenagentur PA.
Die Sparpolitik und der Brexit haben den Organisatoren zufolge die Nation geteilt. "Seit die Tories die Macht übernommen haben, hat sich die Zahl der Obdachlosen verdoppelt", sagte Steve Turner von der Gewerkschaft Unite, der auch Vizechef der Kampagne ist. Der staatliche Gesundheitsdienst NHS, der Pflegebereich und die Schulen seien von Krisen geschüttelt. "Wir haben es hier mit einer Regierung zu tun, der die Alltagssorgen der Menschen völlig fremd sind."
Dutzende Festnahmen in Paris
Auch in Frankreich kam es erneut zu Protesten. Kurz vor Beginn einer "nationalen Debatte" zur Lösung der "Gelbwesten"-Krise sind wieder Zehntausende Menschen gegen die Regierung auf die Straßen gegangen. 32.000 "Gelbwesten" seien bis zum frühen Samstagnachmittag im ganzen Land gezählt worden, 8000 davon in Paris, berichteten französische Medien unter Berufung auf das Innenministerium. Es war bereits das neunte Protestwochenende in Folge.
In Paris kam es am Nachmittag zu Spannungen zwischen Polizei und Protestierenden. Einige Demonstranten hätten nahe dem Triumphbogen Wurfgeschosse in Richtung von Polizisten geschleudert, sagte eine Polizei-Sprecherin. Die Sicherheitskräfte hätten daraufhin Tränengas eingesetzt. Auch ein Wasserwerfer kam zum Einsatz.
Bis zum Nachmittag wurden in Paris laut Polizei Dutzende Menschen im Zusammenhang mit den "Gelbwesten"-Protesten festgenommen. Sie hätten verbotene Waffen getragen oder sich einer Gruppe angeschlossen, die möglicherweise Gewalttaten begehen werde, hieß es bei der Polizei.
Auch in anderen Städten versammelten sich "Gelbwesten". In Bourges gingen nach Angaben der örtlichen Präfektur bis zum Nachmittag etwa 5000 Menschen auf die Straße. Ihr Protest lief zunächst überwiegend friedlich ab. Die Stadt im Zentrum Frankreichs stand unter besonderer Beobachtung der Sicherheitsbehörden, nachdem es dort Online-Aufrufe zu Massenprotesten gegeben hatte.
"Nationale Debatte" soll Proteste beruhigen
Die Bewegung scheint auch weiterhin viele Menschen mobilisieren zu können - trotz Zugeständnissen der Regierung und einem angekündigten härteren Kurs in der Sicherheitspolitik. Rund um Weihnachten waren die Teilnehmerzahlen gesunken.
Die Hoffnungen von Präsident Emmanuel Macron und seiner Regierung ruhen nun auf einer "nationalen Debatte", die die "Gelbwesten" besänftigen und am Dienstag beginnen soll. In den kommenden Wochen sollen dabei die Bürger zu Wort kommen und Reformvorschläge äußern.
Die "Gelbwesten"-Bewegung hatte Macron in die bislang schwerste Krise seiner Amtszeit gestürzt. Seit Mitte November demonstrieren immer wieder Zehntausende gegen die Reformpolitik Macrons und gegen eine als zu niedrig empfundene Kaufkraft. Immer wieder gab es Randale.
Quelle: ntv.de, uzh/dpa