Sorge um Kreml-Kritiker Duma verschärft Gesetz gegen "ausländische Agenten"
30.06.2022, 11:29 Uhr
Nach dem neuen Gesetz ist es "ausländischen Agenten" untersagt, an öffentlichen Schulen zu unterrichten, "Informationen" für Minderjährige zu erstellen und öffentliche Gelder zu erhalten.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Mit einem Gesetz gegen "ausländische Agenten" gelingt es Putin, Menschenrechtsorganisationen und Kreml-Kritiker politisch zu brandmarken. Nun verschärft die Duma das Gesetz noch weiter. Die Sorge um Oppositionelle wächst.
Russland hat sein Gesetz zum Vorgehen gegen "ausländische Agenten" weiter verschärft. Die Abgeordneten der Duma verabschiedeten eine entsprechende Änderung. Menschen und Organisationen, die als "ausländische Agenten" gelten, unterliegen demnach künftig weiteren Auflagen. Auch wurde die Definition erweitert, sodass die Einstufung als "ausländischer Agent" vereinfacht wird.
Das Gesetz war 2012 eingeführt und in den vergangenen Jahren mehr und mehr gegen Menschenrechtsorganisationen und Medien und seit 2020 auch gegen natürliche Personen eingesetzt worden. Nach Angaben des Justizministeriums gelten rund 130 Einzelpersonen und etwa die gleiche Anzahl an Organisationen in Russland als "ausländische Agenten". Sie unterliegen umfangreichen administrativen Auflagen und müssen ihre Einstufung etwa bei allen Veröffentlichungen, insbesondere im Internet, kenntlich machen. Andernfalls drohen Geldstrafen und Berufsverbote.
Ende 2021 war die bekannte Menschenrechtsorganisation Memorial wegen des Vorwurfs verboten worden, die Auflagen nicht konsequent respektiert zu haben. Nach dem neuen Gesetz ist es "ausländischen Agenten" untersagt, an öffentlichen Schulen zu unterrichten, "Informationen" für Minderjährige zu erstellen und öffentliche Gelder zu erhalten. Darüber hinaus kann die Einstufung als "ausländischer Agent" nun bereits erfolgen, wenn ein Mensch oder eine Organisation unter "ausländischem Einfluss" steht.
Bislang führten "politische Aktivitäten" zusammen mit dem Erhalt von Geld oder andersartiger Unterstützung aus dem Ausland zur Klassifizierung als "ausländischer Agent". Die Definition "unter ausländischem Einfluss" ist bedeutend breiter gefasst und lässt befürchten, dass weitere Kreml-Kritiker bald unter das Gesetz fallen könnten. Der Gesetzestext wurde heute in dritter und letzter Lesung angenommen. Er muss noch vom Oberhaus bestätigt und dann von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet werden, was in der Regel eine Formalität ist. Laut Duma sollen die neuen Regeln am 1. Dezember in Kraft treten.
Quelle: ntv.de, can/AFP