Drogen-Talk bei "Hart aber fair" Saufen normal, Kiffen legal
25.01.2023, 09:58 Uhr (aktualisiert)
Klamroth bleibt nüchtern.
(Foto: WDR/Oliver Ziebe)
Ob die Pläne der Ampelkoalition noch umgesetzt werden, ist offen. Die drei Regierungsparteien wollen Cannabis legalisieren. Bei "Hart aber fair" geht es in einer Diskussion, die vergleichsweise nüchtern ist, um das Für und Wider.
Es gibt Themen in den Talkshows von ARD und ZDF, da wünschte man sich kritischere Gäste und vielleicht auch eine provozierende Diskussionsleitung. Am Montagabend stößt Talkmaster-Jungstar Louis Klamroth bei seinem Thema erstmals an eine Grenze. Nur ganz kurz flackern Emotionen auf. Es geht um den Drogenkonsum in Deutschland, ordentlich getrennt in Alkohol und Cannabis, das nach den Plänen der Bundesregierung bald teilweise legalisiert werden soll. Zu Beginn sind neben Klamroth 32 Flaschen Wein und Sekt, 5 Flaschen Korn und Wodka sowie elf Kisten Bier aufgebaut, der durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland.
Eine bedenkliche Menge, das Thema Alkohol ist dann aber recht schnell abgehakt. Podcasterin Nathalie Stüben spricht über ihre Alkoholsucht und warnt glaubhaft vor entsprechenden Gefahren, kommt aber nicht so oft zu Wort, wie es notwendig gewesen wäre. Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärt, dass er ab und zu mal an einem oder zwei Gläsern Rotwein nippt, des Genusses wegen. Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume meint, die oben erwähnte Sammlung würde er nicht schaffen.
Es kommt heraus, Alkohol sei gefährlich, wenn man nicht aufpasse, aber doch eher ein Genussmittel. Das Fazit hätte vielleicht anders ausgesehen, hätte man einen Suchtberater oder Jugendamtsmitarbeiter aus einem jener Problemviertel eingeladen, mit denen man sich ja eigentlich mehr befassen wollte. So können sich Lauterbach und Blume darüber freuen, dass bei Jugendlichen Kofferraum- und Koma-Saufen nicht mehr so angesagt seien, und dass überhaupt weniger Alkohol konsumiert werde als vor 30 Jahren. "Die Menschen leben maßvoller und gesundheitsbewusster", freut sich Markus Blume, um im selben Atemzug der Bundesregierung vorzuwerfen, sie wolle mit der Cannabis-Legalisierung neuen Suchtmitteln den Weg öffnen. "Saufen kann keine Legitimation fürs Kiffen sein", sagt der bayerische Politiker.
"Wollen gegen den Schwarzmarkt vorgehen"
Relativ schnell geht es dann über zur geplanten Cannabis-Legalisierung, einem Thema, das besonders dem bayerischen Wahlkämpfer am Herzen zu liegen scheint. Hier ist er auf sicherem Boden und kann sich ein wenig an der Regierung abarbeiten. Doch in der Diskussion mit dem Talkshow-erfahrenen Karl Lauterbach wirkt auch er meist blass. Hier hätte Moderator Klamroth ein wenig eingreifen können, doch auch er macht an diesem Abend nicht immer eine gute Figur, wirkt überfordert und unvorbereitet. Lauterbach erkennt seinen Vorteil und nutzt ihn weidlich aus.
Zunächst zeigt ein Einspieler, was die Regierung eigentlich will: kontrollierte Cannabis-Abgabe an Menschen über 18 Jahren zu Genusszwecken. An unter 21-Jährige soll schwächeres Cannabis verkauft werden, bei dem der THC-Gehalt niedriger ist. Produktion, Lieferung und Vertrieb sollen staatlich kontrolliert werden. Privater Eigenanbau soll in geringem Maß erlaubt sein.
Wichtig sei ihm, die Drogenkriminalität zu bekämpfen, sagt Lauterbach. Man müsse etwas gegen den Drogenschwarzmarkt tun. Cannabis werde schon seit Jahren in Deutschland konsumiert, sei keine neue Droge. "Nicht wir führen Cannabis in Bayern ein, sondern Sie kriegen ihn nicht in den Griff", spricht er Blume direkt an.
Lauterbach verharmlose die Wirkung von Cannabis, wirft Blume dem Minister etwas später vor. "Wenn sie etwas legalisieren, wächst die Nachfrage, und dann wird mehr konsumiert. Damit wächst auch die Zahl der Folgeerkrankungen." Die könnten gerade bei Menschen gefährlich sein, die sehr jung sind, wenn sie zu kiffen beginnen. "Die Abgabe von Cannabis an Jugendliche steht unter strengster Strafe", kontert Lauterbach, vergisst aber zu erwähnen, dass Strafe auch noch niemandem von Drogenkonsum abgehalten hat. Wichtig sei, die Drogenkriminalität zu bekämpfen und keine mafiösen Strukturen zu erlauben wie in den Niederlanden, erklärt Lauterbach.
"Aber die organisierte Kriminalität verschwindet ja nicht einfach. Die wird neue Wege finden, um Geld zu machen. Wie gehen Sie da vor?" fragt Podcasterin Stüben. "Wir werden den Preis von Cannabis so steuern müssen, dass er in einer Größenordnung liegt, wo sich der Schwarzmarkt nicht mehr lohnt", antwortet Lauterbach.
Darauf hat Blume gewartet: "Der Staat im Preiskampf mit der organisierten Kriminalität. Wie absurd ist das denn?" grätscht er dazwischen. Lauterbach wirft ihm Polemik vor und weist erneut darauf hin, der Schwarzmarkt werde verschwinden, wenn man Cannabis legal kaufen könnte. Oder ob er schon mal gehört habe, dass es einen Schwarzmarkt für eine legalisierte Droge wie Alkohol gebe. Da fällt auch Blume keine Antwort ein.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 24. Januar 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de