Anstieg von 14 Prozent Hilfe für Pflegebedürftige ist für Kommunen teuer
28.12.2021, 03:35 Uhr
Kinder müssen für die Heimunterbringung ihrer Eltern erst zahlen, wenn sie jährlich mehr als 100.000 Euro brutto verdienen.
(Foto: imago images/localpic)
2125 Euro müssen Bewohner von Pflegeheimen im Schnitt für ihre Unterbringung bezahlen. Das kann sich längst nicht jeder leisten. Springen keine sehr gut verdienenden Kinder in die Bresche, sind die Kommunen gefragt. Die Linkspartei spricht von einer Kostenexplosion.
Die Kommunen müssen immer mehr Sozialhilfe für Pflegebedürftige zahlen, die die Kosten für die eigene Betreuung nicht mehr selbst aufbringen können. Das ergibt sich aus neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die die Linkspartei erfragt hat und die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegen. Danach stiegen die Ausgaben für die "Hilfe zur Pflege" im vergangenen Jahr um 530 Millionen auf nunmehr 4,3 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 14 Prozent gegenüber 2019.
Eine Ursache sind die stark wachsenden Eigenanteile für die Bewohner von Pflegeheimen. Im Bundesdurchschnitt liegen sie inzwischen bei 2125 Euro im Monat. Außerdem macht sich die seit 2020 geltende Reform des Elternunterhalts bemerkbar. Sozialämter können sich die Pflegekosten von erwachsenen Kindern jetzt nur dann zurückholen, wenn diese ein Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro haben. Nach früheren Angaben der Bundesregierung wurden davor von den Ämtern jährlich bis zu 300 Millionen Euro Pflegekosten zurückgefordert. Für die Entlastung der Angehörigen haben die Kommunen jedoch keine Kompensation bekommen. Einige Städte haben deswegen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von einer Explosion der Pflegekosten. "Die desolate Pflegepolitik des Bundes nimmt die Kommunen finanziell aus wie eine Weihnachtsgans", kritisierte er. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach müsse sich des Themas zügig annehmen. Heimbewohner und Kommunen müssten entlastet werden.
Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte rasche Reformen. "Menschen, die im Alter auf Pflege angewiesen sind, dürfen nicht in die Armut rutschen und auf Sozialhilfe angewiesen sein", sagte er dem RND. Alle bisherigen Versuche, die Belastungen für die Pflegebedürftigen zu senken, seien jedoch ins Leere gelaufen. "Die Kosten für Pflegeeinrichtungen und die ambulante Pflege werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Immer mehr Menschen sind dann auf Sozialhilfe angewiesen, die die Städte zahlen", beklagte Dedy.
Quelle: ntv.de, ino