Johannes Vogel bei Markus Lanz "Ich glaube, das war ein Fehler"
01.11.2023, 04:32 Uhr Artikel anhören
In Schulen würde der Nahostkonflikt zu wenig behandelt, findet Vogel.
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel kritisiert die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über eine Resolution zum Krieg Israels gegen die Hamas in der UNO-Vollversammlung. Bei Lanz spricht er sich zudem für ein härteres Vorgehen gegen antisemitische Straftaten aus.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion und stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel hat das Abstimmungsverhalten von Bundesaußenministerin Baerbock bei der UNO-Vollversammlung in der vergangenen Woche kritisiert. "Ich glaube, das war ein Fehler", sagt Vogel bei Markus Lanz im ZDF. Die Bundesregierung hatte sich in der vergangenen Woche bei einer Abstimmung über eine Resolution zum Krieg Israels gegen die Terrororganisation Hamas enthalten. "Mich überzeugen die Begründungen nicht. Der Terror der Hamas wird in der Resolution nicht klar genug als Ursache benannt, das Selbstverteidigungsrecht Israels nicht deutlich genug betont, und die Freilassung der Geiseln nicht deutlich genug gefordert. In diesem Fall hätte Deutschland dagegen stimmen sollen", sagt Vogel. Zuvor hatte Bundeskanzler Scholz auf seiner Afrikareise das deutsche Abstimmungsverhalten bei der UN-Vollversammlung verteidigt. Deutschland habe hart daran gearbeitet, einen Beschluss zu erreichen, der der Situation gerecht werde. Als das nicht gelungen sei, habe man sich der Stimme enthalten. Der Zentralrat der Juden und der israelische Botschafter Prosor hatten dagegen die deutsche Enthaltung kritisiert.
"Entfesselung von Unmenschlichkeit"
Den Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober nennt Vogel bei Lanz eine "unfassbare Entfesselung von Unmenschlichkeit". Israel sei in seiner Existenz bedroht. Das Narrativ, die Aktionen der Hamas gehörten zu einem Befreiungskampf, sei mit Blick auf die Tatsachen eine absolute Entgleisung, so Vogel weiter.
Härteres Vorgehen gegen Antisemitismus
Der FDP-Politiker plädiert für ein härteres Vorgehen bei antisemitischen Straftaten in Deutschland. Einen entsprechenden Gesetzentwurf werde die Bundesregierung demnächst in den Bundestag einbringen. Vogel fordert: Wenn jemand von einem Gericht wegen einer antisemitischen Straftat verurteilt worden sei, müsse das einer Einbürgerung entgegenstehen. Im Klartext: Ein Geflüchteter, der sich zum Beispiel während einer Demonstration antisemitisch äußert oder eine israelische Flagge verbrennt, soll nicht Deutscher werden.
Gleichzeitig fordert Vogel: "Wir müssen schauen, wo der Sumpf herkommt und wo der Nährboden für Antisemitismus in Deutschland ist." So werde zum Beispiel in Schulen zu wenig über den Nahostkonflikt gesprochen. "Das müssen wir ändern", so Vogel.
"Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass die Nicht-Durchsetzungsfähigkeit von Maßnahmen endet", sagt der FDP-Politiker. Der Staat müsse gegen Antisemitismus von rechts, von links und aus den muslimischen Communitys vorgehen. Im Notfall müssten Geflüchtete, die sich antisemitisch verhielten, ausgewiesen werden. "Der Rechtsstaat muss hier entschlossener werden", so Vogel.
Dazu sei es notwendig, bei Demonstrationen, bei denen es zu antisemitischen Straftaten komme, die Personalien aufzunehmen. "Das passiert heute nicht flächendeckend", so Vogel.
Außerdem beklagt der Politiker, dass in Deutschland noch immer zu viele Imame tätig seien, die von der türkischen Religionsbehörde eingesetzt werden. Deren oberster Chef sei noch vor wenigen Tagen mit antiisraelischen und antijüdischen Aussagen aufgefallen. Deutschland müsse dringend die Ausbildung von Imamen im eigenen Land vorantreiben. "Es gibt viele liberale Muslime, aber die Imame sind nicht da", kritisiert Vogel.
Mit ihrer Gesetzesinitiative könnte die Ampelkoalition bei der Union offene Türen einrennen. In der vergangenen Woche hatte auch CDU-Chef Friedrich Merz in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein härteres Vorgehen der Regierung gegen antisemitische Straftaten gefordert.
Quelle: ntv.de