"Selbst Volkszorn ausgesetzt" Iran macht Rushdie für Messerangriff verantwortlich
15.08.2022, 13:25 Uhr
Der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie befindet sich nach der schweren Messerattacke auf ihn auf dem Weg der Besserung.
(Foto: picture alliance/dpa/PA Wire)
Drei Tage nach dem Attentat auf den Schriftsteller Rushdie weist der Iran jegliche Verantwortung im Zusammenhang mit der Tat von sich. Obwohl in dem Land seit Jahren in einer Fatwa zur Tötung des Autors aufgerufen wird, gibt Teheran Rushdie selbst die Schuld für den Angriff.
Der Iran hat jegliche Verbindung zu dem Angreifer auf den Schriftsteller Salman Rushdie kategorisch abgestritten. Stattdessen machte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran den Autor selbst für den Angriff vom vergangenen Freitag verantwortlich. "Bei diesem Angriff ist niemand anderer als Salman Rushdie und seine Unterstützer verantwortlich zu machen oder gar zu verurteilen", sagte der Sprecher Nasser Kanani.
Niemand habe das Recht, der Islamischen Republik Iran die Schuld zuzuweisen, sagte Kanani auf seiner wöchentlichen Pressekonferenz in Teheran. Indem er die heilige Sache des Islam beleidigt und damit für mehr als 1,5 Milliarden Muslime und ihre Anhänger die roten Linien überschritten habe, habe sich Rushdie dem Sprecher zufolge "selbst dem Volkszorn ausgesetzt".
Der britisch-indische Schriftsteller Rushdie war am Freitag bei einer Lesung in Chautauqua im Bundesstaat New York mit einem Messer attackiert worden. Der 24-jährige Angreifer stach mindestens zehnmal auf Rushdie ein. Rushdie ist inzwischen auf dem Weg der Besserung.
Iranische Medien lobten Attentat auf Rushdie
US-Außenminister Antony Blinken erklärte am Sonntag in einem Statement, iranische Staatsmedien hätten sich über den Angriff "hämisch gefreut". "Das ist verachtenswert", ergänzte er. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatte auf Twitter erklärt, wer den "Mordanschlag" auf Rushdie auch noch rechtfertige, verbreite "nichts anderes als Hass und Extremismus".
Die ultra-konservative iranische Zeitung "Kayhan" hatte den Angreifer als "mutigen Mann" gelobt, der dem "lasterhaften" Rushdie "den Hals mit einem Messer aufgerissen" habe. Andere Medien im Iran äußerten sich ähnlich. Auch in Pakistan gab es Unterstützungsbekundungen für den Täter.
Der von der Polizei als Hadi Matar identifizierte Angreifer erschien am vergangenen Samstag zu einer Anhörung vor Gericht in Chautauqua. Zum gegen ihn erhobenen Vorwurf des "Mordversuches" erklärte er sich über seinen Anwalt für nicht schuldig. Er selbst sagte laut Medienberichten kein Wort.
In der westlichen Welt löste der Angriff großes Entsetzen aus. Wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed in Rushdies Buch "Die Satanischen Verse" hatte 1989 Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Khomeini in einer Fatwa zur Tötung des Schriftstellers aufgerufen. Jahrelang lebte Rushdie unter strengem Polizeischutz an immer wieder wechselnden, geheimen Orten. Seit einiger Zeit führte er aber wieder ein relativ normales Leben und trat immer wieder in der Öffentlichkeit auf.
Quelle: ntv.de, vmi/AFP