Politik

Scholz und Nord Stream 2 Ischinger prangert Glaubwürdigkeitslücke an

Höchst umstrittenes Projekt: Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation von Nord Stream 2

Höchst umstrittenes Projekt: Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation von Nord Stream 2

(Foto: Stefan Sauer/dpa)

Bei seinem Antrittsbesuch in Washington verweigert Bundeskanzler Scholz eine klare Aussage zu Nord Stream 2 - was für den Chef der Münchner Sicherheitskonferenz ein Problem darstellt. Das Erdgasgeschäft bringe den US-Präsidenten "in schwieriges Gewässer", warnt er.

Angesichts der erhöhten Spannungen mit Russland in der Ukraine-Krise hat der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, den Umgang der Bundesregierung mit Nord Stream 2 kritisiert. "Hätte man mich gefragt, hätte ich geraten, in Washington klar zu sagen: Im Falle eines russischen Angriffs ist das Projekt am Ende - und zwar genauso am Ende wie die russischen Öllieferungen an die USA", sagte Ischinger der "Welt am Sonntag". "Dieser Hinweis hätte uns geholfen, diese deutsche Glaubwürdigkeitslücke noch besser zu schließen", betonte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz.

Ischinger warnte vor einer schweren Hypothek, die Nord Stream für die deutsch-amerikanische Beziehung bedeute. Das Erdgasgeschäft bringe den US-Präsidenten "in schwieriges Gewässer". Für seine Deutschland-Freundlichkeit erhalte dieser Gegenwind von den Republikanern. "Wir müssen uns mit Blick auf die USA ernsthaft mit der Möglichkeit befassen, dass uns nach der nächsten Präsidentschaftswahl ein neuer Donald Trump als Präsident droht", sagte Ischinger weiter.

Es gebe ein existenzielles Interesse der Europäer, dass die USA ein verlässlicher transatlantischer Partner bleiben. "Also sollten wir Biden oder seinem Nachfolger einen Wahlsieg möglichst nicht erschweren." Deutschland habe bei Joe Biden "ein relativ großes Goodwill-Kapital, er ist ein Transatlantiker aus Überzeugung. Aber dieses Kapital ist nicht unerschöpflich."

Scholz druckst herum

Mehr zum Thema

Bei seinem Antrittsbesuch in Washington hatte Bundeskanzler Olaf Scholz wiederholt die Frage umschifft, ob ein russischer Angriff auf die Ukraine das Aus der umstrittenen Nordseepipeline Nord Stream 2 bedeute. Der SPD-Politiker hatte nur betont, alle Druckmittel lägen auf dem Tisch, und der Westen werde gemeinsam handeln. In der Vergangenheit hatte der SPD-Politiker Nord Stream 2 immer wieder als privatwirtschaftliches Projekt charakterisiert, über dessen Inbetriebnahme nicht politisch entschieden werde.

Wirtschaftsminister Robert Habeck beteuerte dagegen am Freitag deutlich, dass die zugespitzte Situation in der Geopolitik nicht ohne Konsequenzen für die Genehmigung der Gas-Pipeline Nord Stream 2 bleiben. "Energiepolitik ist in diesen Zeiten immer auch Geopolitik", sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Warschau. Habeck sagte, er rechne fest mit harten Wirtschaftssanktionen gegen Russland, sollte die Regierung in Moskau den Ukraine-Konflikt eskalieren lassen. "Wir reden hier von Krieg in Europa."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen