Zahl der Toten in Gaza steigt Israel identifiziert "Machtzentrum" in Tunnelsystemen
20.12.2023, 22:12 Uhr Artikel anhören
Bei der Freilegung der seit Jahrzehnten von der terroristischen Hamas genutzten Tunnelsysteme entdeckt die israelische Armee eigenen Angaben zufolge einen besonders wichtigen Abschnitt. Die Hamas teilt unterdessen mit, dass die Zahl der Toten auf palästinensischer Seite weiter gestiegen ist.
Das israelische Militär hat neue Erkenntnisse zum Tunnelsystem der islamistischen Hamas im nördlichen Gazastreifen veröffentlicht. Eine entscheidende Rolle spiele der Palästina-Platz im Zentrum der Stadt Gaza, teilte die Armee mit. Von dort sollen "Büros und Wohnungen der politischen sowie militärischen Hamas-Führung" unterirdisch erreichbar gewesen sein.
Der Zugang zu den Tunneln erfolge über Wendeltreppen und einen Aufzug, der bis zu 20 Meter unter die Erde führe. Die Tunnel seien mit Strom, Wasserleitungen, Überwachungskameras und schweren Sprengtüren ausgestattet. "Dieser Komplex, sowohl über als auch unter der Erde, war ein Machtzentrum des militärischen und politischen Flügels der Hamas", sagte ein Armeesprecher. Die Angaben sind schwer unabhängig zu überprüfen. In den vergangenen Wochen war mehrmals eine Diskrepanz zwischen Darstellungen des israelischen Militärs und den veröffentlichten Beweisen kritisiert worden.
Aufzüge und Treppen für den Abstieg
Nach der Übernahme eines Gebiets in der Stadt Gaza seien weitere Details der "strategischen Tunnelroute" aufgedeckt worden, hieß es nun von der Armee. Neben Treppen ermöglichten demnach auch Aufzüge den Abstieg in das unterirdische System. In einigen Fällen seien Lebensmittel, Wasser- und elektrische Infrastrukturen gefunden worden. "Auf diese Weise konnten Hamas-Terroristen sowohl fliehen als auch für längere Zeit in ihren Verstecken bleiben", hieß es. Das Tunnelnetz soll den Angaben nach von den hochrangigen Funktionären der Organisation, Ismail Hanija, Jihia Sinwar, Mohammed Deif und anderen, genutzt worden sein, "um die operativen Aktivitäten der Hamas zu steuern".
Medienberichten zufolge soll der Hamas-Chef im Gazastreifen, Sinwar, sowie der Chef des militärischen Hamas-Arms, Deif, im Laufe des Kriegs den nördlichen Gazastreifen verlassen haben. Sie werden den Berichten zufolge in der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets vermutet. Hanija, Vorsitzender des Hamas-Politbüros, lebt mit seiner Familie seit Jahren in Katar.
Hamas: Mehr als 20.000 Tote im Gazastreifen
Die Hamas teilte unterdessen mit, seit Kriegsbeginn seien mindestens 20.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden. Darunter seien 8000 Minderjährige sowie 6200 Frauen, teilte das Informationsbüro der terroristischen Organisation mit. Auch diese Zahlen sind unabhängig schwer zu überprüfen. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde, deren fast täglich neu veröffentlichten Zahlen von mehreren Hilfsorganisationen als belastbar eingeschätzt werden, hatte am Mittwoch zunächst noch keinen eigenen neuen Stand bekannt gegeben. Am Tag zuvor hatte die Behörde die Zahl der getöteten Palästinenser mit 19.667 angegeben. Vor rund einer Woche hatte die israelische Armee mitgeteilt, bisher 7000 Hamas-Terroristen getötet zu haben. Glaubt man Behauptungen zweier israelischer Offiziere vom Anfang Dezember, nach denen für jeden Terroristen zwei Zivilisten umkämen, kann die Zahl von 20.000 als realistisch eingeschätzt werden.
Dieses Verhältnis sei "nicht gut", hatte einer der beiden Militärvertreter, die nicht namentlich genannt werden wollten, in einem Gespräch mit Journalisten gesagt. Die Ausnutzung von Zivilisten als menschliche Schutzschilde sei aber Teil der "grundlegenden Strategie" der Hamas.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zu Gaza verübt hatten. Bilder von Massakern etwa auf einem Musikfestival und der Schändung von Leichen und leblos wirkenden Körpern gingen um die Welt. Auf israelischer Seite sind mehr als 1200 Menschen getötet worden. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Quelle: ntv.de, mpe/dpa/rts