Berüchtigter Galant-Nachfolger Israels "Bulldozer" Katz ist Netanjahu treu ergeben
06.11.2024, 15:44 Uhr Artikel anhören
Als Außenminister griff Katz ausländische Politiker und Organisationen immer wieder scharf an.
(Foto: REUTERS)
Der israelische Regierungschef Netanjahu bringt sein Kabinett auf Linie. Nachfolger des geschassten Verteidigungsministers Galant wird Israel Katz, der als Außenminister bereits international für Empörung gesorgt hat. Auch ein alter Rivale des Premiers erhält eine neue Rolle.
Die Kabinettsumbildung in Israel kam überraschend, doch die beiden Neuen sind altbekannte Gesichter: Israel Katz, jetzt Chef des Verteidigungsressorts, war bisher Außenminister. Diesen Posten übernimmt Gideon Saar, bislang Minister ohne Geschäftsbereich. Katz ist Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treu ergeben, Saar war mal sein Rivale, doch nun könnte er die Regierung festigen.
Die israelischen Medien nennen Katz "Bulldozer" - wegen seiner oft aggressiven und ruppigen Art. Der 69-Jährige erregte als Außenminister weltweit Aufsehen: Ausländische Politiker und internationale Organisationen, die es wagten, Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen zu kritisieren, griff er scharf an. Ein weiterer diplomatischer Kampf richtete sich gegen das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Am Montag ließ Katz den Vereinten Nationen offiziell mitteilen, dass Israel seine Vereinbarungen mit UNRWA aufkündigt. Für Empörung sorgte er auch, als er im Oktober UN-Generalsekretär António Guterres zur unerwünschten Person in Israel erklärte. Er werde ihm die Einreise ins Land verbieten, schrieb Katz auf X.
Verteidigungsminister ohne Militärerfahrung
Katz bringt für seine neue Aufgabe als Verteidigungsminister keinerlei militärische Erfahrung mit - anders als sein am Dienstagabend entlassener Vorgänger Joav Galant. Aber mit der Arbeit im Kabinett kennt Katz sich aus. Von 2009 bis 2019 war er Verkehrsminister, in den verschiedenen Regierungen Netanjahus war er außerdem für Energie und Finanzen zuständig. Er gehört Netanjahus konservativer Likud-Partei an und zählt seit seinem Einzug 1998 in die Knesset, das israelische Parlament, zu den wichtigsten Politikern der Partei.
Netanjahu ernannte Katz zum Verteidigungsminister, denn das Vertrauen in Galant sei "erodiert", erklärte er. Galant war in den vergangenen Monaten immer wieder wegen des Kriegs im Gazastreifen mit Netanjahu aneinandergeraten. Zum Beispiel wollte er ein Abkommen mit der Hamas schließen, um die Geiseln freizubekommen. Katz liege wahrscheinlich eher auf einer Linie mit Netanjahu als Galant, sagt Aviv Buschinsky, ein politischer Kommentator und ehemaliger Stabschef von Netanjahu. "Ich kann mich nicht an einen einzigen Vorfall erinnern, bei dem Katz Netanjahu in irgendeiner Sache widersprochen hätte."
Saar gründete eigene Partei
Ganz anders Saar, der neue Außenminister. Der 57 Jahre alte frühere Journalist und Anwalt sieht sich selbst als politischen Rebellen. Vor fünf Jahren forderte er Netanjahu als Parteichef heraus. Er unterlag, verließ den Likud und gründete 2020 seine eigene rechte Partei Tikwa Chadascha ("Neue Hoffnung").
Nach dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war Saar Mitglied der Notstandsregierung. Er trat jedoch im März zurück, nachdem Netanjahu sich geweigert hatte, ihn ins Kriegskabinett aufzunehmen. Im September berief Netanjahu Saar als Minister ohne Geschäftsbereich in seine Regierung: ein Zeichen der Versöhnung, aber auch ein Schritt, um seine Mehrheit in der Knesset auszubauen.
Saar steht weiter rechts als Netanjahu
Saars Vater wuchs in Argentinien auf, die Mutter stammt aus Usbekistan. Er hat vier Kinder, zwei davon mit seiner zweiten Frau, der bekannten israelischen Journalistin Geula Even. 1999 begann seine politische Karriere als Netanjahus Kabinettssekretär. 2003 wurde er in die Knesset gewählt, stieg zum Innen- und später Bildungsminister auf, immer in Regierungen von Netanjahu. Nachdem er den Likud verlassen hatte, gehörte er 2021 der Regierung von Naftali Bennett als Justizminister an.
Saar steht weiter rechts als Netanjahu, hat aber nicht dessen Charisma. Er fordert unter anderem, die israelischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland zu annektieren und lehnt einen unabhängigen Palästinenserstaat ab. Im Gegensatz zum bisherigen Verteidigungsminister Galant gilt er als entschiedener Gegner eines Abkommens mit der radikalislamischen Hamas.
Seine Ideologie sei "die des Likud", aber er glaube, dass die Partei "unter Netanjahu ihre Werte aufgegeben hat", sagt die Abgeordnete Scharren Haskel, eine Parteifreundin Saars. "Die Aufnahme von Saar und seiner Partei wird die Koalition stärken und die Regierung stabilisieren", begründete Netanjahu seine Entscheidung für den neuen Außenminister. Das sei besonders in Zeiten des Krieges von entscheidender Bedeutung.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP