"Einige schwierige Probleme" Johnson könnte mit No-Deal-Brexit leben
04.10.2020, 16:17 Uhr
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Die Brexit-Verhandlungen mit der EU verlaufen nach wie vor äußerst zäh. Im schlimmsten Fall müssten die Briten ab Januar ohne Handelsabkommen mit der EU leben. Für Premierminister Johnson offenbar kein Problem.
Der britische Premierminister Boris Johnson sieht ein mögliches Scheitern der Brexit-Gespräche mit der Europäischen Union gelassen. Er wünsche sich zwar nicht unbedingt, dass die Übergangszeit ohne ein neues Handelsabkommen ende, "aber wir können damit mehr als leben", sagte Johnson in einem BBC-Interview. "Leider gibt es einige schwierige Probleme, die gelöst werden müssen." So müsse die EU verstehen, "dass es uns mit der Notwendigkeit, unsere eigenen Gesetze und Vorschriften zu kontrollieren, äußerst ernst ist".
Großbritannien ist nach dem EU-Austritt im Januar gegenwärtig in einer Übergangsphase, in der europäische Regeln noch angewendet werden. Diese endet am 31. Dezember. Weil die Parlamente Zeit für die Ratifizierung eines Abkommens brauchen, muss es eigentlich noch im Oktober deutliche Fortschritte geben.
Clemens Fuest, Präsident des Münchener Ifo-Instituts, sieht "große Belastungen für die Konjunktur in Europa, sollte es einen Brexit ohne Einigung geben". Die ökonomische Lage sei ohnehin fragil, außerdem würde ein harter Brexit die politische Atmosphäre vergiften und künftige Kooperation erschweren, sagte er dem "Handelsblatt". "Ich sehe immer noch Chancen, dass es zu einer Einigung kommt, aber die werden mit jeder Woche, die verstreicht, kleiner." Wie auch immer die quälend langen Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien am Ende ausgingen: "Die Folgen der Trennung werden gravierend sein und uns noch lange beschäftigen", so Fuest.
Merkel empfängt Barnier
Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten am Samstag intensivere Brexit-Verhandlungen angekündigt. Die jeweiligen Unterhändler seien entsprechend angewiesen worden, hieß es am Samstag nach einem Telefongespräch in einer gemeinsamen Erklärung. In den vergangenen Wochen seien zwar Fortschritte beim Thema der zukünftigen Wirtschaftsbeziehungen erzielt worden. Allerdings gebe es dabei weiter "erhebliche Lücken", unter anderem bei der Fischerei. Der britische Unterhändler David Frost schrieb auf Twitter, die Arbeit werde "so bald wie möglich" in der neuen Woche beginnen.
Am Montag soll EU-Chefunterhändler Michel Barnier von Kanzlerin Angela Merkel empfangen werden. Die EU will eine Vereinbarung bis zum Ende des Monats, damit die Parlamente noch Zeit für eine Ratifizierung haben. Es gebe allerdings "anhaltende gravierende Divergenzen in Angelegenheiten, die für die Europäische Union von großer Bedeutung sind", erklärte Barnier zuletzt. Zwar gebe es einige Fortschritte etwa bei der Luftfahrt und dem Schutz der Grundrechte, jedoch keinerlei beim Datenschutz und CO2-Kosten.
Quelle: ntv.de, can/rts/DJ