Gefängnis statt Premier-Posten? Johnson muss wegen Brexit-Aussage vor Gericht
29.05.2019, 14:00 Uhr
Hat den Mund wohl zu voll genommen: Großbritanniens Ex-Außenminister Boris Johnson.
(Foto: imago/ZUMA Press)
350 Millionen Pfund zahle Großbritannien wöchentlich an die EU. Das zumindest behauptete der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson. Für den Wahrheitsgehalt dieser Aussage interessiert sich nun ein Gericht.
Der frühere britische Außenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson muss vor Gericht Rede und Antwort stehen, weil er die Briten vor dem Referendum zum EU-Austritt belogen haben soll. Johnson wurde von Richterin Margot Coleman zu einer Voranhörung vor ein Londoner Gericht geladen. Es gehe um Vorwürfe zu Fehlverhalten in einem öffentlichen Amt. Dies kann im Fall einer Verurteilung mit lebenslanger Haft als Höchststrafe geahndet werden.

Mit diesem Bus war Boris Johnson während des Brexit-Referendums 2016 unterwegs. Deutlich lesbar: die 350-Millionen-Pfund-Lüge.
(Foto: imago/i Images)
Johnson hatte vor dem Brexit-Referendum im Juni 2016 behauptet, Großbritannien zahle wöchentlich 350 Millionen Pfund (400 Millionen Euro) an die Europäische Union - die Summe gilt als stark übertrieben. Johnson war bis kurz vor dem Referendum Bürgermeister von London und warb massiv für den Austritt des Landes aus der EU. Wenige Wochen nach dem Referendum wurde er Außenminister.
Selbst in diesem Amt versprach er noch, die Geldzahlungen an die EU einzustellen und die Mittel für das Gesundheitssystem des Landes zu nutzen. Die Einsparungen bezifferte er auch damals auf rund 350 Millionen Pfund pro Woche - obwohl die Austrittsbefürworter nach dem erfolgreichen Referendum selbst eingeräumt hatten, diese Berechnung sei grob übertrieben.
Johnson bewirbt sich derzeit um die Nachfolge der scheidenden Premierministerin Theresa May. Er will neuer Parteichef der konservativen Tories und in der Folge auch Regierungschef werden. Er ist zwar an der Basis beliebt, hat sich unter Parteikollegen mit seinem undiplomatisch-polternden Auftreten aber auch Feinde gemacht.
Crowdfunding finanzierte Klage
Die Vorladung Johnsons wurde vom Geschäftsmann Marcus Ball erstritten. Er wirft dem konservativen Politiker vor, wissentlich falsche Angaben über die Kosten der britischen EU-Mitgliedschaft gemacht und diese regelmäßig wiederholt zu haben. Ball sammelte für das rechtliche Vorgehen gegen Johnson Geld im Internet.
Balls Anwälte hatten Johnsons Vorladung bei einer Anhörung in der vergangenen Woche beantragt. Johnson selbst war dabei nicht anwesend. Sein Anwalt Adrian Darbishire sagte, der Tory-Politiker weise den Vorwurf entschieden zurück, sich unzulässig oder unehrlich verhalten zu haben
Bei dem bevorstehenden Gerichtstermin handelt es sich um eine Voranhörung zu einem möglichen Prozess. Ein Termin dafür wurde nicht genannt. Nach der Anhörung werde entschieden, ob der Fall an ein Strafgericht abgegeben werde. Nur dort könne über die Anschuldigungen verhandelt werden, erklärte Richterin Coleman.
Quelle: ntv.de, joh/AFP